Neue GOÄ: Jetzt heißt es "Qualität vor Zeit"

Autor: Ruth Bahners, Foto: thinkstock

Der Vorstand der Bundesärztekammer hat den Entwurf der GOÄneu abgelehnt. Der Verhandlungsführer der Ärzteschaft hat das Handtuch geworfen. Die Berufsverbände sehen nun bei der GOÄ-Reform ihre Stunde gekommen.

Die Verhandlungen über eine neue GOÄ sind nicht gestoppt und auch nicht gescheitert, sagt BÄK-Präsident Professor Dr. Frank Ulrich Montgomery, nachdem der BÄK-Vorstand die von den privaten Krankenversicherern in Auftrag gegebenen Berechnungen abgelehnt hat. Die Bewertungsvorschläge seien in vielen Kapiteln nicht nachvollziehbar und nicht akzeptabel gewesen, begründet Prof. Montgomery die Ablehnung. Der PKV-Verband sei aber zu Nachverhandlungen bereit.

Kein "Das-wird-nix-mit- der-GOÄ" herbeiquatschen

Die einstimmige Ablehnung durch den BÄK-Vorstand sei nicht dem allgemeinen Teil oder den Änderungen der Bundesärzteordnung geschuldet. Vielmehr habe die Prüfung der Legenden und Bewertungen der einzelnen Kapitel ergeben, dass "keine druckreife Fassung" vorgelegen habe, erläuterte Rudolf Henke, Präsident der Ärztekammer Nordrhein, den Beschluss des BÄK-Vorstands. Das sei sicher nicht "Ausdruck der allerhöchsten Professionalität", meinte Henke.

Ausdrücklich warnte der nord­rheinische Kammerpräsident davor, eine "Das-wird-nix-mit- der-GOÄ-Einschätzung herbeizuquatschen". Die bisherige Arbeit sei nicht in Bausch und Bogen verloren. "Es sind auch Kapitel dabei gewesen, die man so hätte abschicken können, aber eben nicht alle." Henke widersprach auch ausdrücklich der Auffassung des zurückgetretenen Verhandlungsführers Dr. Theodor Windhorst, dass der gute Weg zur GOÄ-Reform eingebrochen sei.

Dr. Windhorst hat seine GOÄ-Ämter niedergelegt, weil "die Zerrissenheit der Verhandlungsebenen" keinen fairen Leistungsausgleich, der aufgrund des erarbeiteten Leistungskataloges möglich gewesen wäre, erkennen ließen.

Zwei weitere Gründe hätten ihn zum Rücktritt veranlasst, so Dr. Windhorst: Er wolle der Forderung nicht im Wege stehen, die GOÄneu zur Chefsache zu machen – eine Anspielung an eine Äußerung Prof. Montgomerys.

Außerdem zeige die politische Großwetterlage, dass die Umsetzung einer GOÄ-Reform in dieser Legislaturperiode durch die SPD blockiert werde. Deshalb sollte gelten: "Qualität vor Zeit". Unter grundlegender Mitbeteiligung der Fachverbände sollten die Verhandlungen ohne Zeitdruck weitergeführt werden.

Die Verhandlungen weiterführen werden zunächst die beiden stellvertretenden Vorsitzenden des Gebührenordnungsausschusses: der hessische Kammerpräsident Dr. Gottfried von Knoblauch zu Hatzbach und der Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, Dr. Klaus Reinhardt.

Dr. von Knoblauch sieht in der GOÄ-Krise die Chance, "die Leistungsbeschreibungen und Leistungsbewertungen mit Experten der jeweils betroffenen Arztgruppen genau abzustimmen". Allerdings: "Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen bleibt nur noch ein sehr kleines Zeitfenster, um eine im Sinn der Ärzteschaft überarbeitete GOÄneu in der laufenden Legislaturperiode in Kraft zu setzen."

BDI sieht Chance für einen Neuanfang

Die Berufsverbände sehen ihre Chance gekommen, endlich an der Reform angemessen beteiligt zu werden. Der Berufsverband der Internisten (BDI) fordert sogar einen vollständigen Neuanfang. Nicht nur die Leis­tungskapitel müssten neu diskutiert werden, sondern auch die Änderung der Bundesärzteordnung.

Die BÄK müsse eigene transparente Kalkulationen in die Verhandlung einbringen und dürfe sich nach den einschlägigen Erfahrungen nicht auf die Daten der PKV verlassen. Die Fortsetzung der Verhandlungen mit dem PKV-Verband dürfe keinesfalls unter dem Motto "weiter so" stehen. "Sonst ist der nächste Scherbenhaufen vorprogrammiert", so der BDI.

Vorarbeiten für die Bürgerversicherung

Die politischen Gegner einer GOÄ-Reform haben sich längst in Stellung gebracht. Die SPD-Bundestagsfraktion verlangt, dass Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe die GOÄ-Novellierung abblasen soll. Fraktionsvize Professor Dr. Karl Lauterbach erklärte kategorisch: "Wir lehnen diese Reform aus grundsätzlichen Erwägungen ab." Die bisherigen Ergebnisse der GOÄ-Reform könnten allenfalls noch als Vorarbeiten für eine Bürgerversicherung nützlich sein.

Auch Prof. Montgomery glaubt nicht mehr an eine Verabschiedung der GOÄ-Reform in dieser Legislaturperiode: "Weil eine Verabschiedung in dieser Legislaturperiode ohnehin immer unwahrscheinlicher wird, haben wir Zeit für weitere Verhandlungen. Insofern sind alle Chancen für ein besseres Verhandlungsergebnis offen."


Quelle: Medical-Tribune-Bericht