Zustellung von E-Mails Nicht in die Mails geschaut? Pech gehabt!

Gesundheitspolitik Autor: Insa Stoidis-Connemann

Ob gelesen oder nicht, Mails im Posteingang gelten als zugestellt. Ob gelesen oder nicht, Mails im Posteingang gelten als zugestellt. © Monster Ztudio - stock.adobe.com

Das Finanzamt schickt eine wichtige Mail, es ist aber zu viel zu tun, um ins Postfach zu gucken. Läuft trotzdem die Antwortfrist? Ein Urteil schafft Klarheit. 

Mails sind in der Geschäftswelt unverzichtbar. Doch wann genau gilt eine E-Mail als „zugestellt“? Und was bedeutet das? Ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH, Az.: VII ZR 895/21) hat Licht ins Dunkel gebracht. Da es auch für den steuerlichen Austausch mit dem Finanzamt gilt, ist es wichtig, sich klarzumachen, welche Zusagen, Absichten oder Absagen man in einer E-Mail versendet und welche juristischen Konsequenzen sich ergeben. Denn mit dem Senden gibt man auch Willenserklärungen ab, die sich als „Bumerang“ entpuppen können. Zum Vergleich: Beim Finanzamt hat man nach dem Versenden der ELSTER-Erklärungen noch Korrekturmöglichkeiten mittels Berichtigung oder Einspruch, nach dem Eintreffen einer E-Mail nicht mehr.

Eine Regel besagt, dass eine schriftliche Erklärung erst dann wirksam ist, wenn sie der andere Vertragspartner erhalten hat. Das gilt nun auch für E-Mails. Der BGH hat entschieden, dass eine E-Mail im geschäftlichen Verkehr als zugestellt gilt, sobald sie auf dem Mailserver des Empfängers abrufbereit ist. Das bedeutet, dass es nicht darauf ankommt, ob der Empfänger die ­E-Mail tatsächlich schon gelesen hat. Diese Entscheidung des BGH kann Auswirkungen auf Fristen, Vertragsabschlüsse und auch alle anderen geschäftlichen Transaktionen haben.

Beispiel 1

Sie erhalten ein Angebot für ein Dialysegerät, ein größeres Sono- oder ein EKG-Gerät. Sie schauen es sich an, finden es gut und bestätigen per E-Mail den Auftrag. Stunden später fällt Ihnen ein, dass Sie noch eine Erweiterung wünschen oder eigentlich den Preis noch etwas drücken möchten. Daher senden Sie eine weitere E-Mail an den Adressaten. Was ist dann die Konsequenz aus dem o.g. Urteil? Wenn der Adressat nicht mehr mit Ihnen verhandeln will, sind Sie an die Zusage in der ersten Mail juristisch gebunden und müssen bezahlen.

Beispiel 2

Sie erhalten eine ­E-Mail von einem wichtigen Vertragspartner oder Gegner (z.B. bei einem Vergleich) mit einer Fragestellung, die Sie bis zum nächsten Tag, 12 Uhr, annehmen müssen oder schriftlich abzulehnen haben. Die Mail ist auf Ihrem Server,  nur haben Sie versäumt, sie zeitnah zu lesen. Pech! Nach der Zugangsfiktion des BGH-Urteils gilt die für den Vertragspartner gute, für Sie aber sicherlich nicht so günstige Variante als Antwort. Darum: Bitte befragen Sie grundsätzlich zu allen Konstellationen einen Rechtsanwalt, da es sich um juris­tische Fragen handelt. Praxisinhaber müssen unbedingt sicherstellen, dass sie ihre E-Mails regelmäßig abrufen und den Spam-Ordner prüfen. 
Das BGH-Urteil bezieht sich zunächst nur auf den geschäftlichen Bereich. Im Privatbereich gelten mög­licherweise andere Regeln. Hier bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung in Zukunft entwickeln wird.

Fazit

Das BGH-Urteil schafft Klarheit und beschleunigt die Kommunikation, ist jedoch auch gefährlich. Praxisinhaber müssen sich mehr denn je bewusst sein, dass eine ­E-Mail, sobald sie auf dem Mailserver des Empfängers angekommen ist, eine grundlegende rechtliche Bedeutung haben kann. Es ist wichtig, sorgfältig zu prüfen, was per E-Mail kommuniziert wird, da dies rechtliche Verpflichtungen auslösen kann. Und denken Sie daran, im Geschäftsverkehr gibt es nach dem Absenden einer E-Mail kein Zurück mehr!