Nutzen des Einsatzes von Social Care Nurses für Tumorpatienten belegt
Beim Onkologischen Social Care Projekt (OSCAR) handelt es sich um ein vom Innovationsfonds mit 1,4 Mio. Euro gefördertes Versorgungsprogramm, das die pronova BKK gemeinsam mit dem BKK-Dachverband entwickelt und inzwischen abgeschlossen hat. Im Mittelpunkt steht der Einsatz der Social Care Nurse (SCN). Sie soll künftig im Rahmen der Regelversorgung Patienten mit Tumorerkrankungen wie akuter Leukämie, aggressivem Myelom, metastasierendem Dickdarmkarzinom, Karzinomen der Lunge und der Bauchspeicheldrüse zur Seite stehen, so die Idee. Die bisherigen Ergebnisse stimmen die Beteiligten zuversichtlich.
Begleitung für ein Jahr, erprobt in drei Kliniken
Die Unterstützung durch die „Kümmerer“, wie sie Anne-Kathrin Klemm vom BKK-Dachverband bezeichnet, soll möglichst schon ab der Diagnosestellung greifen und nicht erst, nachdem alle Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind. Erprobt wurde die Arbeit der Nurses ab 2018 an den Projektstandorten Charité Berlin, Klinikum Leverkusen und Helios Klinik Duisburg.
Ein Jahr lang waren die Nurses während des kompletten Krankenhausaufenthaltes und letztlich auch bei der ambulanten und anschließenden Versorgung für die Patienten da, bei fachpflegerischen oder sozialversicherungsrechtlichen Fragestellungen. Zugleich agierten sie als Schnittstelle zwischen behandelnden Ärzten, Pflegenden, Reha-Therapeuten etc. sowie als Koordinatoren der Versorgung.
Hierfür sei es von Bedeutung gewesen, „die Bedürfnisse für diese besonders vulnerablen Patienten zu erfragen, zu erkennen und angemessene Unterstützung anzubieten“, berichtete Volker Latz, Abteilungsleiter Versorgung der pronova BKK. Zentrale Fragen dieser Patientinnen und Patienten beträfen auch die Auseinandersetzung mit dem eigenen Lebensende, was Ängste auslöse. So könne z.B. auch der 18. Geburtstag der Enkelin in zwölf Wochen ein wichtiger Termin sein, der in die Therapieplanung einfließen sollte, so Lanz. Mittels standardisierter Fragebogen zur Lebensqualität wurden die Patientenwünsche und -präferenzen ermittelt.
Professor Dr. Anne Letsch, ehemalige Leiterin des Projekts OSCAR an der Charité, erklärte, dass bei maßgeschneiderten Therapien für die Patienten individuelle Faktoren wie Geschlecht, Alter, Komorbiditäten, Funktionsstatus, Ernährung, körperliche Aktivität oder Komedikation zu beachten sind. Denn nur unter Berücksichtigung von psychosozialen Aspekten sei man in der Lage, „ein passendes supportives und palliatives, ergänzendes Versorgungskonzept zu designen“. Und besonders wichtig sei es, in diesem Setting die Patienten und Patientinnen mitzunehmen, sie in die Lage zu versetzen, tatsächlich selbstständig Entscheidungen zu treffen. Gebraucht würden hierfür Patientenkompetenz sowie verständliche Patienteninformationen.
„Ein Fels in der Brandung“ für Patienten mit Krebs
Die Ausbildung der SCN basiert auf der Ausbildung zum Onkolotsen, wie sie die Sächsische Krebsgesellschaft (SKG) seit 2010 anbietet. Das Curriculum setzt sich aus 130 Unterrichtseinheiten zusammen plus zusätzlichen 25 Einheiten mit Präsentationen, Plenumsdiskussionen und aktiven Übungen.
Social Care Nurses seien tatsächlich „ein Fels in der Brandung für die Patientinnen und Patienten mit onkologischen Erkrankungen“, zeigte sich die SKG-Vorstandsvorsitzende Professor Dr. Ursula Froster überzeugt. Es brauche „Vermittler, oder wie man heute sagt, Translateure bzw. Translation, um komplexe medizinische Sachverhalte und Therapiewege zu erläutern und den Patienten zugänglich zu machen“. Eigentlich gehörten in jede onkologische Einheit mindestens zwei Social Care Nurses, auch bei niedergelassenen Onkologen und anderen Facharztrichtungen, die sich hauptsächlich mit onkologischen Fragestellungen beschäftigten, so Prof. Froster (siehe Kasten links unten).
Auch Onkolotsen wären als Regelleistung hilfreich
Praktische Erfahrungen der Fachkräfte
Geringere Kosten für beteiligte Krankenkassen
Positives berichtete die Wissenschaftlerin auch hinsichtlich der ökonomischen Auswirkungen: „Die bereinigten monatlichen Gesamtgesundheitskosten pro Patientin und Patient lagen in der Interventionstruppe statistisch signifikant unter jenen der Kontrollgruppe.“ Das sei vor allem auf die geringeren Krankenhauskosten sowie die niedrigeren Kosten der Verordnungen für Arzneimittel und Heil- und Hilfsmittel zurückzuführen. Alle Projektbeteiligten hoffen nun auf eine Überführung der OSCAR-Erfahrungen in die Regelversorgung. Die Berichte würden den entsprechenden Gremien zur Verfügung gestellt. Dr. Johannes Bruns, Generaldirektor der Deutschen Krebsgesellschaft e.V., befürchtet aber, dass daraus nicht schnell etwas wird. Es gäbe keinen Standard, wie man zur Regelversorgung komme. Da gehöre Politik an den Markt, die das ins Gesetz nehme. „Der Innovationsfonds hat großartige Projekte hervorgebracht, nun muss man an dieser Stelle nachbessern, ansonsten wird viel Motivation einfach im Sande verlaufen und zu Frustration werden“, so Dr. Bruns.Quelle: Medical-Tribune-Bericht