Hospiz- und Palliativversorgung Gemeinschaftliche Hilfe gegen den Pflegenotstand

Niederlassung und Kooperation Autor: Bianca Lorenz

Regionale Besonderheiten und Angebote müssen beachtet werden. Regionale Besonderheiten und Angebote müssen beachtet werden. © j-mel – stock.adobe.com

Pflegekräfte sind nicht erst seit der Pandemie rar. Das schlägt sich auch auf die Betreuung schwerstkranker Menschen nieder. Auf dem 115. Aachener Hospizgespräch diskutierten Experten, ob Sorgende Gemeinschaften ein Zukunftsmodell sein könnten.

Sich kümmern, schwerstkranke Menschen pflegen: Das findet in drei von vier Fällen immer noch in den Familien statt. Vor allem Frauen sind es, die dafür im Beruf zurückstecken und ihre Eltern, Männer oder Kinder daheim betreuen. Sie sind deshalb oft psychisch und körperlich stark belastet. Hilfe verspricht eine allgemeine, ergänzende oder spezialisierte palliativmedizinische Versorgung. Doch hier fehlt es noch an ausreichend wohnortnahen Angeboten und qualifiziertem Pflegepersonal.

Angesichts dieser Problematik könnten Sorgende Gemeinschaften – Caring Communities genannt – ein Konzept für die Zukunft sein. Das Prinzip ist simpel: Eine Gruppe von Menschen unterstützt sich gegenseitig im Alltag. Anders als beispielsweise bei Mehrgenerationen-WGs wirken dabei allerdings mehr ehrenamtliche Nachbarschaftshilfe, kommunale Strukturen und professionelle, pflegerische und medizinische Unterstützung zusammen.

Mittelfristig könnten solche Angebote die bestehenden der Hospiz- und Palliativversorgung ergänzen, in Zukunft jedoch zum zentralen Organisationsmodell werden, hoffen Expertinnen und Experten. „In Zeiten der Pandemie und weiteren aktuellen Krisen erleben wir immer wieder neu entstehende Initiativen und Engagement von vielen, die gezeigt haben, dass Solidarität und Problemlösungen verfügbar sind“, sagte Prof. Dr. Roman Rolke, Direktor der Klinik für Palliativmedizin am Universitätsklinikum ­Aachen und Ärztlicher Leiter des 115. ­Aachener Hospizgesprächs.

Der neue §39a SGB V zur Förderung der Koordination der Aktivitäten in regionalen Hospiz- und Palliativnetzwerken durch Netzwerkkoordinatoren schafft dafür den gesetzlichen Rahmen, den es auszugestalten gelte, so Andreas Müller, Geschäftsführer Landesverband für Hospizarbeit und Palliativmedizin Sachsen, Dresden. „Leider fehlen spezielle Regelungen für lebensverkürzend erkrankte Kinder und Jugendliche.“

Regionale Besonderheiten und Angebote beachten

Müller verwies auch auf die unterschiedlich gewachsene Hospizbewegung in Ost und West. Wichtig sei, dass die Menschen über die Caring Communities und die hospizlich-palliativen Angebote ihrer Region informiert sind und Jüngere für Ältere ebenso Sorge tragen wie umgekehrt.

Für diese wichtige Versorgungsnähe plädiert auch die SPD-Bundestagsabgeordnete und Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung Claudia Moll. Der gesetzliche Anspruch auf eine palliativmedizinische Versorgung allein genüge nicht. „Dem Betroffenen ist nur geholfen, wenn er die von ihm gewünschte individuelle Alternative wirklich in seiner Nähe finden kann. Und es funktioniert nur gut, wenn sich der Hausarzt, das Krankenhaus, die Pflegeeinrichtung, die Krankenkasse, die Beratungsstelle und die Beteiligten vor Ort austauschen, kooperieren und vernetzen“, so Moll. Nur so könne man Versorgungsbrüche für die Patienten vermeiden.

Kontinuität sichern durch frühzeitige Kostenzusagen

Dr. Ulrich Grabenhorst, Vorsitzender des Verbundes der SAPV-Teams Nordrhein, Viersen, verwies bei der Tagung darauf, dass bei der Umsetzung des Bundesrahmenvertrags zur Spezialisierten Ambulanten Palliativversorgung (SAPV) strukturelle und äußere Bedingungen angepasst und bestehende Versorgungsstrukturen und Prozesse weiterentwickelt werden müssten, ohne diese jedoch zu ersetzen. „Dazu sind schon jetzt Zusagen der Kostenträger notwendig, die den betroffenen Patientinnen und Patienten und den SAPV-Teams in der laufenden Versorgung die Kontinuität sicherstellen“, sagte Dr. Grabenhorst. Zeiten ohne vertragliche Vereinbarungen zur SAPV-Versorgung dürften nicht entstehen.

115. Aachener Hospizgespräch

Medical-Tribune-Bericht