Prävention ist längst nicht ausreichend
Es ist bereits viel geschehen in Richtung Prävention. Die Erfolge sind mäßig, warum?
Dietrich Monstadt: Wir wissen, dass die Manifestation von Adipositas und Diabetes bei über 60 % der Betroffenen vermeidbar gewesen wäre. Allein durch eine ausgewogene Ernährung und mehr Bewegung. Hier stoßen wir an föderale Grenzen. Prävention beginnt im Kleinkindesalter, in Kitas und Schulen. Es ist Aufgabe der Länder, hier ihrer Verantwortung nachzukommen. Wenn jedoch die Sportstunden in Schulen weiter gekürzt oder wie jüngst verpflichtende Mindestqualitätsstandards in der Kita- und Schulernährung abgelehnt werden, wirkt dies dem Sinn und Zweck von Prävention entgegen.
Zudem verzögert sich auch die Umsetzung in der Selbstverwaltung. Der GKV-Spitzenverband hat es noch immer nicht geschafft, den Leitfaden für Prävention anzupassen, wie z.B. die Aufnahme des Muskeltrainings als Leistung der Primärprävention.
Schon lange wird u.a. von der DDG ein Nationaler Diabetesplan eingefordert. Eine entsprechende Bundesratsinitiative gab es 2014. Es wird nicht umgesetzt, wer bremst?
Dietrich Monstadt: Obwohl grundsätzlich Einigkeit in der Koalition bezüglich der Implementierung einer Nationalen Diabetesstrategie besteht, hat die SPD-Bundestagsfraktion einem von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion initiierten Strategieentwurf – aus mir unerklärlichen Gründen – bis heute nicht zugestimmt.
Was halten Sie von Vorschlägen wie Zucker-Fett-Steuer, Lebensmittelampel oder einer Zuckersteuer, die in Präventionsmaßnahmen fließen könnte?
Dietrich Monstadt: In unserem solidarisch finanzierten Gesundheitssystem müssen diese Vorschläge zwingend diskutiert werden. Die Vergangenheit zeigt, dass eine Selbstverpflichtung der Hersteller nicht ausreicht, Lebensmittel mit weniger Zucker, Fett oder Salz zu produzieren. Die Industrie muss motiviert werden, durch steuerliche Anreize Lebensmittel gesünder herzustellen. Eine Lebensmittelampel hingegen halte ich nicht für den richtigen Weg. Erfahrungen haben gezeigt, dass die Farbkonstellationen eher zu Irritationen führen.
Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Dinge, die politisch zu regulieren sind?
Dietrich Monstadt: Das Präventionsgesetz war der erste wichtige Schritt in die richtige Richtung. Darüber hinaus brauchen wir ein aufeinander abgestimmtes Maßnahmenpaket zur Diabetes-/Adipositas-Bekämpfung, das sektoren- und ressortübergreifend Bereiche wie z.B. Ernährung, Forschung, Bildung, Arbeit, Soziales und Verbraucherschutz einbindet. Dies könnte in Form einer nationalen Diabetes-/Adipositas-Strategie erfolgen. Des Weiteren sind zielgerichtete, flächendeckende Präventions- und Aufklärungsmaßnahmen von wesentlicher Bedeutung.
Was ist noch in dieser Legislaturperiode zu schaffen?
Dietrich Monstadt: Die SPD müsste sich einbringen und dem vorliegenden Entwurf mit der Forderung nach einer Nationalen Diabetesstrategie zustimmen.
Sie sind Patient mit insulinpflichtigem Typ-2-Diabetes. Welche Verbesserungen in der Diabetesversorgung sind dringend notwendig?
Dietrich Monstadt: Die Diabetesversorgung in Deutschland ist auf sehr hohem Niveau. Der Zugang zu allen notwendigen Leistungen ist gewährleistet, sowohl in der hausärztlichen als auch in der speziellen diabetologischen Versorgung.
Dennoch halte ich eine verbesserte präventionsorientierte und zielgerichtete Ausgestaltung der ärztlichen Vorsorge und Früherkennung bei Kindern und Erwachsenen für erforderlich. Weiterhin sind eine stärker auf Diabetes ausgerichtete Ausbildung der Ärzteschaft, mehr Fachärzte im Bereich der Diabetologie sowie eine bundesweite Anerkennung von Diabetesberater/-innen notwendig.
Dietrich Monstadt, Politiker (CDU) |