Kommentar Stairway to Health

Aus der Redaktion Autor: Katrin Strobel

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Treppensteigen ist gesund. Darauf wurde ich erst kürzlich wieder von einem Kardiologen hingewiesen, der im selben Hotel wie ich übernachtete.

An der Gabelung zwischen Treppe und Aufzug im Foyer blieb er als Einziger aus der Gruppe stehen, während alle anderen zielstrebig Richtung Aufzug marschierten. „Wollen wir nicht die Treppe nehmen? Das ist gesund!“ Ich folgte seinem Beispiel und stieg hoch bis in den achten Stock – die anderen zuckten mit den Schultern und nahmen den Fahrstuhl.

Ich gebe zu: An manchen Tagen ist es lediglich meine Fitnessapp, die am Abend meinen Schweinehund davor bewahrt, mich nach acht Stunden am Schreibtisch direkt aufs Sofa zu ziehen. Wenn das Schrittziel nicht erreicht ist, muss zumindest noch eine kleine Runde durchs Wohngebiet sein. Davon halten mich auch Regen oder Schnee nicht ab. Die App belohnt mich mit Punkten oder virtuellen Auszeichnungen – genug Nudging, um mich zu motivieren.

Manchmal ist es allerdings gar nicht so leicht, dem Beispiel des erwähnten Kardiologen zu folgen. Kürzlich übernachtete ich im Rahmen der Viszeralmedizin in einem Hotel in der Nähe des Leipziger Kongresszentrums. Nach dem Check-in am Abend ließ ich mich vom Aufzug nach oben Richtung Zimmer bringen. Am anderen Morgen hätte ich für den Weg zum Frühstück gerne die Treppe genommen – sah aber nirgendwo eine. Dabei war das Gebäude ein typisches Kongresshotel: quadratisch, praktisch und eigentlich sehr gut strukturiert. Schließlich studierte ich den Flucht- und Rettungsplan, der immerhin direkt neben der Fahrstuhltür angebracht war. Und siehe da, es gab eine Treppe! Um sie zu erreichen, musste ich von meinem Zimmer aus zweimal ums Eck. Während meines gesamten Aufenthalts traf ich im Treppenhaus niemanden, nur die Staubmäuse tollten fröhlich in den Ecken. Im Erdgeschoss brachte mich eine schwere Tür erst in eine dunkle Nische, dann schließlich in die Lobby.

Treppensteigen ist gesund – doch der Aufzug komfortabel und der Weg dorthin meist sehr viel einfacher zu finden. Was es bräuchte, um mehr Menschen für mehr Bewegung zu begeistern, wäre wahrscheinlich nur ein kleines bisschen Nudging. Dafür benötigte man noch nicht einmal eine Fitnessapp. Es würde schon reichen, wenn sich die Treppe zumindest einfach finden ließe.

Katrin Strobel

Chefredakteurin Medical Tribune Deutschland