Arbeitszimmerbegehung Steuerfahnder muss sich anmelden
Bisher war allgemein bekannt: Weder bei Inhabern von Praxen noch bei angestellten Ärzten darf das Finanzamt das als Ausgabe angesetzte Büro im Eigenheim oder in der Wohnung ohne Ankündigung besichtigen. Neu ist, dass ein Finanzamt dies dennoch tat, und zwar durch den Einsatz eines sog. „Flankenschutzprüfers“.
Dieser wies sich als Steuerfahnder aus und betrat zwecks Überprüfung der Angaben in der Einkommensteuererklärung die Wohnung. Die Steuerpflichtige – eine selbstständige Unternehmensberaterin – widersprach nicht, wohl in dem Glauben, dass „Steuerfahnder alles dürfen und mehr Rechte haben als die Polizei“.
Schutz der Unverletzlichkeit der eigenen Wohnung
Dieser Vorgehensweise ist jedoch der Bundesfinanzhof (BFH) in einem jüngst veröffentlichten Urteil entgegengetreten: Die Besichtigung war rechtswidrig, weil sie nicht der im Grundgesetz verankerten Unverletzlichkeit der Wohnung entsprach. Außerdem verletzte die Maßnahme den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, denn die Unklarheiten hätten auch durch weitere Auskünfte oder andere Beweismittel, z.B. Fotos, in angemessener Weise aufgeklärt werden können. Dies gilt explizit auch dann, wenn der/die Steuerpflichtige – wie im vorliegenden Fall – der Besichtigung zugestimmt hat. Die Art der Ermittlung war auch deshalb rechtswidrig, weil sie von einem Steuerfahnder und nicht von einem Mitarbeiter der Veranlagungsstelle des Finanzamtes durchgeführt wurde. Es bleibt also dabei: Ein Prüfer des Finanzamtes hat sich anzukündigen und die Besichtigung darf erst als letztes Mittel angewendet werden.
Quelle: BFH-Urteil vom 12.7.2022, Az.: VIII R 8/19