Gerichtsurteil Teenie-Sohn hilft im OP, Oberarzt muss gehen
Im ersten Moment hört es sich wie eine schöne Vater-Sohn-Geschichte an: Der Papa nimmt den 16-jährigen Spross mit zur Arbeit. Im Fall eines leitenden Oberarztes aus Westfalen endete das aber verhängnisvoll. Als die Klinikleitung erfuhr, dass der 16-jährige Sohn im OP assisitert hatte, folgte die Kündigung für den Vater. Auf dem OP-Tisch lag an diesem Tag eine 76-jährige Patientin in Vollnarkose, die eine inverse Schulterprothese erhielt. Der Arzt ließ den Sohn beim Eingriff „Haken-Halten“. Auch übernahm der Jugendliche auf Geheiß des Vaters die letzten Tackervorgänge an der Wunde.
Das folgende Arbeitsgerichtsverfahren ergab, dass die Kündigung rechtmäßig war. Eine Abmahnung sei aufgrund der Schwere der Pflichtverletzung nicht erforderlich gewesen, so das Gericht. Der Oberarzt habe die Aufklärungs- und Schweigepflicht verletzt, da die Patientin nicht über die Anwesenheit sowie Mithilfe des Sohnes informiert worden war. Auch ein Hygieneverstoß liege vor, denn durch jede weitere Person im OP, erhöhe sich das Infektionsrisiko. Dass der Chefarzt von der Anwesenheit des Sohnes gewusst habe, ändere nichts an der Schwere der Pflichtverletzungen.
Berufliche Pflichten müssen sensibel behandelt werden
„Der Fall verdeutlicht, wie sensibel Ärztinnen und Ärzte mit ihren beruflichen Pflichten umgehen müssen – insbesondere im Hinblick auf das Patientenwohl und die ärztliche Schweigepflicht“, kommentiert der Kölner Fachanwalt für Arbeitsrecht Volker Görzel, Leiter des Fachausschusses „Betriebsverfassungsrecht und Mitbestimmung“ des Verbandes deutscher Arbeitsrechtsanwälte, die Entscheidung. Bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen im Arbeitsverhältnis sei eine Abmahnung nicht immer erforderlich. Im medizinischen Bereich gelten nunmal hohe Standards, die neben der fachlichen Kompetenz auch die Patientenrechte umfassen.
Quelle: Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 20.8.2024, Az.: 3 Ca 339/24