Onkologie in der Pandemie Vorgehen bei knappen Ressourcen
Gesperrte Betten, krankheitsbedingt reduziertes Personal und knappe Kapazitäten für Tumoroperationen, die zu mehrfachen Verschiebungen der Eingriffe führen können, stellen Kliniken in der COVID-Krise vor Herausforderungen. Die Arbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie (AIO) in der Deutschen Krebsgesellschaft und die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) haben deshalb in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern des CancerCOVID Verbundes und gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung eine S1-Leitlinie erarbeitet, die das Vorgehen bei notwendiger Priorisierung in der Krebsversorgung beschreibt.
Die Autor:innen gehen davon aus, dass in den kommenden Monaten ein Mehrbedarf an Diagnostik und Therapie in der ambulanten und stationären Krebsmedizin besteht, da während der Pandemie teilweise weniger Krebserkrankungen als in regulären Zeiten diagnostiziert wurden. Mediziner:innen sowie andere Berufsgruppen, die in der onkologischen Versorgung tätig seien, müssten daher immer wieder Entscheidungen über die Zuteilung von vorhandenen Betten, Personal und anderen Ressourcen treffen. Solche Entscheidungen könnten sehr belasten. Gleichzeitig müssten Entscheidungen über die Verteilung knapper Ressourcen wohlinformiert, transparent und fair getroffen werden. Bei solchen Entscheidung sollte das Mehraugenprinzip gelten, um einen möglichen Schaden durch die Priorisierung zu minimieren, so Projektkoordinator Prof. Dr. Jan Schildmann, Direktor des Instituts für Geschichte und Ethik der Medizin an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
Die Handlungsempfehlungen wurden entsprechend dem wissenschaftlichen Schwerpunkt im CancerCOVID-Projekt auf die Versorgung von an Bauchspeicheldrüsenkrebs beziehungsweise Darmkrebs erkrankten Patient:innen fokussiert. Gehört wurden zum Thema Patientenorganisationen und die Expertise von Fachvertretern aus Ethik, Recht und Versorgungsforschung wurde einbezogen. Angesichts der Komplexität von Entscheidungen in der Onkologie lasse die Leitlinie jedoch bewusst einen Ermessensspielraum für die Einzelfallentscheidung, betont Prof. Dr. med. Bernhard Wörmann, Medizinischer Leiter der DGHO. Die Leitlinie gilt zunächst für maximal ein Jahr.
Medical-Tribune-Bericht