16 Subgruppen mit unterschiedlichem genetischen Profil entdeckt

Josef Gulden

Myelodysplastische Syndrome umfassen 16 molekulare Gruppen, die klinische Phänotypen und Prognosen beeinflussen könnten. Myelodysplastische Syndrome umfassen 16 molekulare Gruppen, die klinische Phänotypen und Prognosen beeinflussen könnten. © immimagery – stock.adobe.com

Myelodysplastische Syndrome lassen sich offenbar in 16 molekulare Gruppen einteilen, die mit bestimmten klinischen Phänotypen und der Prognose assoziiert sind. Diese könnten in zukünftigen Klassifikationssysteme berücksichtig werden und die translationale Forschung vorantreiben.

Derzeitige Klassifikationsschemata für myelodysplastische Syndrome (MDS) orientieren sich überwiegend an der Morphologie – obwohl bekannt ist, dass der Pathogenese und klinischen Heterogenität vor allem diverse genetische Anomalien zugrunde liegen. Für einige wenige Subtypen wie die mit Deletion 5q wird dies bereits berücksichtigt, aber die Mehrzahl aller bekannten genetischen Läsionen spielt bisher kaum eine Rolle. Ein internationales Konsortium um Dr. Elsa Bernard, Memorial Sloan Kettering Cancer Center, New York, führte deshalb detaillierte genetische Analysen an Proben von 3.233 Patient:innen mit MDS oder verwandten Störungen durch, um molekulare Subtypen zu charakterisieren und mit ihren klinischen Konsequenzen zu korrelieren. 

Die zentrale Methode war die Sequenzierung eines Panels von 152 Genen. Dabei standen vor allem Mutationen, Änderungen der Kopienzahl und Heterozygotie-Verluste, die nicht zu einer Änderung der Kopienzahl führten, im Vordergrund des Interesses. Mutationen wurden in 91 % der Fälle identifiziert, chromosomale Alterationen bei 43 % und kopie-neutrale Verluste der Heterozygotie bei 11 % der Patient:innen. 

Unter Berücksichtigung von 21 Genen, sechs zytogenetischen Veränderungen und des Verlusts von Heterozygotie an den Loci für TP53 und TET2 bildeten die Forschenden 16 molekulare Subgruppen. Diese korrelierten mit distinkten klinischen Phänotypen und Verläufen. Die 16 Subtypen umfassten 86 % aller Patient:innen; die übrigen 14 % fielen in zwei Gruppen, die molekular nicht klassifiziert werden konnten bzw. keine relevanten Treiberereignisse aufwiesen. 
Die Größe der Subgruppen variierte zwischen 0,5 % und 14 % des Gesamtkollektivs. Der mediane Anteil an Blasten im Knochenmark bewegte sich zwischen 1,5 % und 10 % und das mediane OS zwischen 0,9 Jahren und 8,2 Jahren. 

Einschränkungen

Als eine Limitation der Studie sehen die Autor:innen die Analyse eines begrenzten Panels von Genen an. Damit wurde die eine oder andere vielleicht auch relevante Veränderung wie SAMD9/L-Varianten oder UBTF-Tandem-Duplikationen nicht berücksichtigt.

Genetische Subgruppen bei MDS

Mit diesen Analysen konnten die Autor:innen fünf bekannte, gut charakterisierte Subgruppen bestätigen: Mutationen im TP53-Komplex, 5q-Deletion sowie Mutationen in SF3B1, DDX41 und AML-like. Für die Relevanz von drei bereits beschriebenen Subgruppen – bi-allelische TET2-Mutationen, die unbalancierte Translokation (der/1;7) und Mutationen in CCUS-like – konnte neue Evidenz generiert werden. Völlig neu entstanden anhand dieser Daten acht weitere Gruppen, charakterisiert durch Veränderungen in den Genen -7/SETBP1, EZH2-ASXL1, IDH-STAG2, BCOR/L1, U2AF157, U2AF134, SRSF2 und ZRSR2.

Der prognostische Einfluss des Blastenanteils war in den genetischen Subgruppen unterschiedlich: Bei Veränderungen in AML-like, DDX41, -7/SETBP1 und EZH2-ASXL1 korrelierte er nicht mit dem Gesamtüberleben, sehr wohl hingegen in Subgruppen, die mit einem niedrigen Risiko assoziiert sind, wie del(5q), bi-TET2, SF3B1, CCUS-like und die genetisch nicht weiter charakterisierbare Gruppe. Das bedeutet, so die Autor:innen, dass der genetische Subtyp als Basis für die Klassifikation gelten sollte. Der Blastenanteil wiederum kennzeichne das Krankheitsstadium innerhalb eines bestimmten genetischen Kontexts. Sekundäre bzw. therapiebedingte MDS und myelodysplastische/myeloproliferative Neoplasmen unterschieden sich innerhalb der genetischen Subgruppen nicht von primären MDS, was die klinischen und prognostischen Profile betraf. 

Die Klassifikation von MDS in genetisch determinierte Subgruppen erweist sich damit nicht so sehr als prognostisch relevant wie etwa das International Prognostic Scoring System-M (IPSS-M). Sie könnte allerdings in Zukunft eingesetzt werden, um zum einen in klinischen Studien die Wirksamkeit von Therapeutika zu stratifizieren und zum anderen die Entwicklung neuer, zielgerichteter Substanzen voranzutreiben.

Quelle:
Bernard E et al. Blood 2024; 144: 1617-1632; DOI: 10.1182/blood.2023023727

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Myelodysplastische Syndrome umfassen 16 molekulare Gruppen, die klinische Phänotypen und Prognosen beeinflussen könnten. Myelodysplastische Syndrome umfassen 16 molekulare Gruppen, die klinische Phänotypen und Prognosen beeinflussen könnten. © immimagery – stock.adobe.com