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25% Einsparpotenzial:Politik muss die steigenden Arzneimittelpreise in den Fokus rücken

Die Krux ist, dass nicht alle neuen Wirkstoffe auch tatsächlich einen Mehrwert gegenüber vergleichbaren, bewährten Wirkstoffen besitzen. Das Arzneimittelmarktneuordungsgesetz AMNOG bringt zwar mit der frühen Nutzenbewertung ein wenig Licht ins Dunkel. Allerdings dürfen die Hersteller im ersten Jahr nach der Zulassung bestimmen, was ein Medikament kosten darf – was wiederum von Kritikern gerne mit dem Etikett „Mondpreise“ versehen wird.
AMNOG-Bewertung bewährt sich
2012 bis 2016 ergab die frühe Nutzenbewertung inklusive der Preisverhandlungen zwischen Herstellern und GKV-Spitzenverband Einsparungen von insgesamt 2,85 Mrd. Euro. Das Verfahren habe sich bewährt, es bedürfe aber weiterer gesetzlicher Weichenstellungen, heißt es beim GKV-Spitzenverband. Und tatsächlich, die Einsparungen reichen längst nicht, um den stetigen Anstieg der Ausgaben für Arzneimittel konsequent auszubremsen.
Qaly: Hersteller passen die Preise nach unten an
Die Behandlung mit neuen Medikamenten sei inzwischen im Schnitt dreimal so teuer wie die bisherige Therapie, so die Barmer. Professor Dr. Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der Kasse, hält deshalb eine Diskussion über Kosten und Nutzen der teuren Präparate für dringend notwendig sowie eine „Balance zwischen den Interessen einer global aufgestellten Industrie und den Interessen von Krankenkassen und Versicherten“. Diese Notwendigkeit wird vor allem in der Onkologie deutlich. Bis zu 100 000 Euro kostet die Behandlung eines Tumorpatienten inzwischen pro Jahr.
Es gibt jedoch Einsparmöglichkeiten, speziell bei patentgeschützten Produkten. Der Arzneiverordnungs-Report 2016 der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) und des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) sieht ein theoretisches Einsparpotenzial von 25 % des Herstellerumsatzes bzw. 3,2 Milliarden Euro. Verglichen wurden die Listenpreise auf Herstellerebene für 250 patentgeschützte Produkte aus acht europäischen Ländern.
Preisprobleme gehören nicht in die Arztpraxen
Erstattung ab erstem Tag der Zulassung nötig
Zudem ist das Bewertungssystem laut Stellungnahme mit Fehlern behaftet: So wird u.a. der Schweregrad von Erkrankungen missachtet, Patientengruppen wie Menschen mit Behinderungen werden diskriminiert, Patienten mit geringerer Therapiefähigkeit benachteiligt. Auch fallen bestimmte Krankheitszustände wie etwa extreme Schmerzen nach Operationen oder im Endstadium einer tödlichen Erkrankung ihrer zumeist kurzen Dauer wegen – ggf. nur Stunden oder Tage – beim Qaly-Ansatz kaum ins Gewicht. Deutschland setzt deshalb auf die Kosten-Nutzen-Bewertung nach § 35b SGB V, bestehend aus der frühen Nutzenbewertung und den darauf basierenden Preisverhandlungen als lernendes System. Der GKV-Spitzenverband drängt die Politik diesbezüglich nachdringlich auf einen rückwirkenden Erstattungsbetrag ab dem Tag der Zulassung. Zudem fordert die Kassenspitze eine erneute Kosten-Nutzen-Bewertung nach vier, fünf Jahren der Arzneimittelanwendung plus ggf. eine Neuverhandlung des Erstattungspreises. Mit Forderungen nach einem Eingreifen der Politik stehen die Versicherer nicht allein. Der AKdÄ-Vorsitzende und Onkologe Professor Dr. Wolf-Dieter Ludwig kritisiert die Preise ebenso: „Bei der Entwicklung neuer Krebs-Therapien steht häufig das ökonomische Interesse der pharmazeutischen Unternehmer im Vordergrund. Dementsprechend ist das Design der klinischen Studien eher auf eine rasche Zulassung als auf den Nachweis eines überzeugenden therapeutischen Fortschritts ausgerichtet.“ Die Gesundheitspolitik müsse dem von der Pharmaindustrie verfolgten Prinzip einer vorwiegend marktwirtschaftlich orientierten Preisgestaltung wirksamer begegnen.Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).