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ABDA-Modellprojekt zeigt Weg aus der Benzodiazepin-Abhängigkeit
Das vom Bundesgesundheitsministerium geförderte, drei Jahre laufende "Modellprojekt gegen Abhängigkeit" war von der ABDA initiiert worden. Daran beteiligten sich 46 Apotheken und 63 Hausärzte aus Villingen-Schwenningen und aus Hamburg sowie 102 Patienten.
Die Patienten waren überwiegend Frauen im Alter zwischen 60 und 80 Jahren, die seit etwa zehn Jahren Benzodiazepine mit Diazepam-Dosen von durchschnittlich 6 mg einnahmen. In 12 % der Fälle hatten die Ärzte das Medikament nur noch auf Patientenwunsch hin verordnet, bei 5 % wegen Abhängigkeit.
ABDA-Projektleiter Dr. Ernst Pallenbach erklärte die langfristige Verordnungen damit, dass die Niedrigdosis-Abhängigkeit von den meisten Ärzten nicht als Abhängigkeit gesehen werde.
Abhängige Patienten auf Sturzrisiko ansprechen
Auch würden die Belastungen des Entzugs über- und seine Vorteile unterschätzt. Der bei älteren Menschen verlangsamte Stoffwechsel führe dazu, dass sich ein "gehöriger Wirkspiegel" ansammele, so der Apotheker, was unter anderem Gangunsicherheit und ein erhöhtes Sturzrisiko zur Folge habe. Gerade dieses Risiko biete sich gut für eine Ansprache des Patienten an.
Die Ergebnisse des Modellprojektes sind positiv: Rund die Hälfte der 102 beteiligten Patienten konnte nach einigen Wochen und bis zu vier Arztkontakten ganz auf Schlafmittel verzichten, 28 % konnten die Dosis zumindest verringern.
Auch drei Monate später hatten vier von fünf der Patienten mit vollständigem Entzug keinen Rückfall erlitten. 30 % der beteiligten Patienten berichteten zudem über keine, 50 % lediglich über leichte Entzugserscheinungen.
Eine psychische Dekompensation zeigte sich bei zwei Patienten (1 x Depression, 1 x Angst). "Die Mär, dass man Patienten den Entzug nicht zumuten kann, ist hiermit widerlegt", erklärte der wissenschaftliche Begleiter des Projekts, Dr. Rüdiger Holzbach, Universität Hamburg. Die Herunterdosierung sei relativ unkompliziert möglich.
"Erfolgreicher Lösungsweg" aus der Abhängigkeit
Dr. Andreas Kiefer, Präsident der Bundesapothekerkammer, sprach von einem "erfolgreichen Lösungsweg", um Patienten aus der Abhängigkeit zu bringen und die Arzneimittelsicherheit zu gewährleisten.
Laut Dr. Kiefer sind mehr als eine Million Bundesbürger abhängig von Schlaf- und Beruhigungsmitteln. Der Kampf dagegen sei ein "schwieriges Kapitel der Berufsausübung", so der Kammer-Chef.
Apotheker seien gesetzlich verpflichtet, Fehl- und Mehrgebrauch von Medikamenten entgegenzuwirken. Andererseits dürfen sie das Arzt-Patienten-Verhältnis nicht stören.
In dem Modellprojekt sei es gelungen, aus dieser Zwickmühle herauszukommen, weil Apotheker und Ärzte sehr eng zusammenarbeiteten. Konkret lief das so ab: Entweder der Hausarzt sprach den Patienten auf den Medikamentengebrauch an. Oder der Apotheker identifizierte Patienten, beriet sie und wandte sich zugleich an den behandelnden (eingeschriebenen) Arzt mit dem Vorschlag der Abdosierung.
Apotheker wollen Kassen ein Angebot unterbreiten
Im Modellprojekt erhielten die Apotheker eine Aufwandsentschädigung von 150 Euro pro Patient für die Schulung der Mitarbeiter, die Kundenberatung und Dokumentation.
Den Ärzten wurden 50 Euro pro Patient für die Dokumentation gezahlt. Sollte es zu einer Regelversorgung kommen, müssten die Krankenkassen alle Kosten übernehmen, darüber sind sich alle Beteiligten einig. Die Apotheker werden den Krankenkassen dazu ein Angebot unterbreiten.
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