Ablöse für schwächelnde Patientenverfügung

Friederike Klein

Das neue Konzept beinhaltet viel mehr als „Kein Leben an Schläuchen, bitte!“
Das neue Konzept beinhaltet viel mehr als „Kein Leben an Schläuchen, bitte!“ © Fotolia/nmann77

Nur wenige Senioren besitzen eine Patientenverfügung. Und wenn doch, ist sie meist nicht ausführlich genug. Inzwischen hält ein neues Konzept Einzug in den Versorgungsalltag, verankert im Hospiz- und Palliativgesetz.

„Die Patientenverfügung ist ein fast gestorbenes Konzept“, glaubt Dr. Christoph Gerhard, Leitender Arzt des Kompetenzzentrums Palliativmedizin der Universität Duisburg-Essen. Weniger als ein Drittel der Menschen am Lebensende haben derzeit eine Patientenverfügung, die aber häufig nicht auffindbar oder nicht aussagekräftig ist oder auch nicht verlässlich den Wunsch des nicht mehr Einwilligungsfähigen dokumentiert. Zudem halten sich nicht alle Ärzte an die festgehaltenen Wünsche.

Die Situation soll ein neues Konzept verbessern: Advanced Care Planning, was so viel wie „vorausschauende Versorgungsplanung“ bedeutet. Es löst die auch international inzwischen überwiegend als gescheitert angesehene Patientenverfügung ab.

Ampelsystem soll Umsetzung im Ernstfall gewährleisten

Advanced Care Planning umfasst ausführlicher die Einstellung zu Leben, schwerer Erkrankung sowie Sterben und ist nicht mehr nur eingeengt auf „willst du an Geräte oder nicht?“, erläuterte Dr. Gerhard. Vor dem Hintergrund dieser Werte werden systematisch drei verschiedene Situationen beleuchtet und entschieden:

  • Notfall mit akuter Einwilligungsunfähigkeit (z.B. Reanimation, Beatmung, Intensivmedizin) 
  • akute schwere Erkrankung mit Einwilligungsunfähigkeit von unklarer Dauer (z.B. schwerer Schlaganfall, beatmungspflichtige Pneumonie) 
  • dauerhafte Unfähigkeit zu entscheiden (z.B. Demenz, Koma)

Ein Ampelsystem soll dabei helfen, die Vorstellungen in der Notfallsituation wirklich umzusetzen:

A   Maximalversorgung, Lebensverlängerung – soweit medizinisch möglich und vertretbar,

B   Lebensverlängerung, aber mit eingeschränkten Mitteln (detaillierte Beschreibung der Wünsche),

C   Linderung (Palliation), keine Lebensverlängerung.

Der Referent betonte, dass die Entscheidung zur rein palliativen Versorgung immer möglich sei. „Der Patient sagt, ich fahre die Autobahn des Lebens nicht bis zum Schluss, sondern nehme eine Abfahrt vorher.“ In Form einer Patientenverfügung, einer Vorsorgevollmacht und einem Notfallbogen erfolgt die Dokumentation.

Rund dreistündiges Gespräch als Grundlage

Das alles braucht seine Zeit – Dr. Gerhard rechnet mit etwa drei Stunden für ein entsprechendes Gespräch. Derzeit verhandelt der Gemeinsame Bundesausschuss über die Finanzierung, die mit der Festschreibung des neuen Konzepts im Hospiz- und Palliativgesetz kommen muss.

Vom Grundgedanken her bleibt es im Übrigen nicht bei einem Termin. Die neue Versorgungsplanung gilt als andauernder Kommunikationsprozess. Entsprechende Gesprächsangebote sollten beispielsweise bei Neuerkrankung, veränderter Lebenssituation oder Wechsel des Arztes erfolgen.

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