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Akantholytischer Pemphigus braucht aggressive Immunsuppression
Die bullöse Autoimmunerkrankung betrifft vorwiegend Frauen über 35 Jahre und verläuft in der Mehrzahl der Fälle lebensbedrohlich. Ohne immunsuppressive oder sogar zytostatische Therapie kann die Sterblichkeit 60–90 % erreichen.
Der Erkrankung liegt ein Verlust der T- und B-Zell-Toleranz gegen Bestandteile von Desmosomen zugrunde, die für den Zusammenhalt von Haut- und Schleimhautzellen sorgen. Je nachdem, welches Glykoprotein (Desmoglein 1 oder 3) betroffen ist, resultiert eine oberflächliche Akantholyse (z.B. beim Pemphigus foliaceus) oder ein Verlust der Zell-Adhäsion in tieferen Hautschichten (wie beim Pemphigus vulgaris).
In der Klinik für Dermatovenerologie und Immunpathologie in Jekaterinburg sieht man jährlich 22 bis 25 betroffene Patienten – meist mit Pemphigus vulgaris, eine der vier Hauptformen des akantholytischen Pemphigus, erklären Dr. Igor A. Kuklin und Kollegen. Sie stellen sich typischerweise mit dünnen Blasen auf klinisch gesunder Haut und Schleimhaut vor.
Patienten landen oft zunächst beim HNO-Arzt
In etwa 60 % der Fälle beginnt die Symptomatik in Mundhöhle, Rachen – die Patienten klagen über Schmerzen beim Essen und Schlucken oder eine belegte Stimme – und im Bereich der Nasenschleimhaut. Deswegen landen sie häufig zunächst bei HNO- und Zahnärzten, die Diagnosen wie „Stomatitis“ oder „Laryngitis“ stellen.
Im weiteren Verlauf bilden sich Blasen v.a. dort, wo die Kleidung reibt, aber auch an anderen Stellen (Rücken, Bauch, Leiste). Innerhalb von Stunden erschlaffen die dermalen Bullae, platzen leicht und entleeren trübes Exsudat. Zurück bleiben nässende Erosionen, die schließlich verkrusten.
Immunologisch finden sich zirkulierende Antikörper vom IgG-Typ. Die Diagnose stellt man anhand von Abklatsch-Ausstrichen aus den Erosionen sowie Hautbiopsien (Akantholyse, IgG-Ablagerungen).
Nebenwirkungsreiche Therapie entschärfen
Die Therapie besteht u.a. in lokalen Maßnahmen (Antiseptika, topische Steroide) und in der systemischen Gabe von hoch dosierten Glukokortikosteroiden in Kombination mit Immunsuppressiva, in Jekaterinburg üblicherweise Methotrexat (20–25 mg) i.m. oder i.v. einmal wöchentlich. Um das Nebenwirkungspotenzial dieser aggressiven Immuntherapie zu senken, entwickelten die russischen Dermatologen ein Konzept, das neben der Lokalbehandlung über insgesamt vier bis fünf Wochen Folgendes vorsah:
- 1 mg/kg KG Prednisolon oral für sieben Tage, anschließend Dosis täglich um 5–10 mg reduzieren
- 7,5–15 mg Methotrexat pro Woche subkutan
Insgesamt 15 Männer und Frauen mit Pemphigus vulgaris wurden bislang auf diese Weise behandelt. In zwölf Fällen ließ sich eine Vollremission, in drei eine Teilremission erreichen. Zwei Beispiele:
Fall 1: Ein 19-Jähriger mit Pemphigus vulgaris schluckte täglich bis zu 120 mg Prednisolon, zudem bekam er 20 mg MTX/Woche intramuskulär. Auch er profitierte von dem „schonenderen“ Therapiekonzept. Nach 44 Tagen konnte er mit fast abgeheilter Haut und einer Prednisolondosis von immer noch 40 mg/d entlassen werden.
Fall 2: Die 72-jährige Frau wurde mit ausgedehntem Pemphigus vulgaris in schlechtem Allgemeinzustand in die Klinik eingeliefert. Es bestanden eine starke Leukozytose sowie eine Hypalbuminämie. Wenige Tage nach dem Therapiestart begann sich der Hautbefund zu bessern und nach insgesamt 34 Tagen konnte man die Patientin entlassen. Unter einer Erhaltungsdosis von 0,4 mg/Tag Prednisolon hielt die Remission in den folgenden acht Monaten an.
Quelle: I. A. Kuklin et al., Akt Dermatol 2014; 40: 139-143
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