Aktuelle Therapieangebote bei Achalasie

Dr. Andrea Wülker, Foto: thinkstock

Dysphagie, Regurgitation unverdauter Nahrungsmittel und Gewichtsabnahme – bei diesen Symptomen sollten Sie nach einer Achalasie fahnden. Welche Diagnostik und Therapie brauchen Sie?

Noch ist die Ursache der Achalasie nicht abschließend geklärt. Man nimmt jedoch an, dass es zu einem Untergang von Nervenzellen kommt, die die Ösophagusperistaltik und die Erschlaffung des unteren Sphinkters koordinieren.


Möglicherweise spielen dabei auch Autoimmunvorgänge eine Rolle, schreiben Professor Dr. Guy E. Boeckxstaens von der Klinik der katholischen Universität Leuven und Kollegen.

Nächtliches Husten und Regurgitation typisch

Fast alle Achalasie-Patienten klagen beim Schlucken fester und flüssiger Lebensmittel über Dysphagie und Regurgitation. Außerdem findet man häufig Thoraxschmerzen, Sodbrennen und respiratorische Komplika­tionen (nächtliches Husten, Aspiration).


Angesichts dieser unspezifischen Symptome verwundert es nicht, dass bis zur Diagnose oft Jahre vergehen. Zudem gilt: Auch wenn viele Patienten deutlich an Gewicht verlieren, schließt eine Adipositas die Achalasie keineswegs aus.

Neoplasie im Ösophagus ausschließen!

Diagnostisch sollte man bei entsprechenden Beschwerden zunächst mittels Endoskopie oder Röntgen-Breischluck eine Neoplasie oder andere anatomische Veränderungen des Ösophagus ausschließen, schreiben die Kollegen.


Die Kombination von rasch progredienter Dysphagie, hohem Alter und ausgeprägtem Gewichtsverlust weckt zudem den Verdacht auf eine evtl. paraneoplastisch bedingte Pseudoachalasie.


In frühen Krankheitsstadien lässt sich nur etwa die Hälfte der Achalasie-Fälle mittels Ösophagoskopie und Röntgendiagnostik erkennen, beide Verfahren sind in dieser Phase deutlich weniger sensitiv als die Manometrie. In fortgeschrittenen Stadien findet man endoskopisch typischerweise eine dilatierte Speiseröhre mit Nahrungsresten sowie einen erhöhten Widerstand im Bereich des ösophagogastralen Übergangs.

Sektglasform mit spitzer Stenose im Breischluck

Radiologisch zeigt sich im distalen Ösophagus oft eine typische „Sektglasform“ mit spitz zulaufender Stenose und prästenotisch dilatierter Speiseröhre. In weit fortgeschrittenen Fällen kann eine schwere Dilatation mit Stase des Speisebreis und sigmoidartiger Verformung des Ösophagus auftreten. Mit dem Breischluck lässt sich ggf. auch die Geschwindigkeit der Ösophagusentleerung beurteilen.


In der konventionellen Manometrie fällt die Achalasie durch ausbleibende Peristaltik, erhöhten intraösophagealen Druck und fehlende Relaxation des unteren Ösophagussphinkters auf. Als Goldstandard der Diagnostik gilt heute die sog. High-resolution-Manometrie (HRM). Diese Technik ermöglicht präzise Druckaufzeichnungen vom Pharynx bis zum Magen.

Keine eindeutige Empfehlung für Nitrate

Zur medikamentösen Therapie werden am häufigsten Nitrate und Kalziumantagonisten eingesetzt. Nitrate inhibieren die Kontraktion des unteren Spinkters. Allerdings ist dieser Effekt bisher nicht in hochwertigen Studien belegt. Ein Cochrane-Review kam zu dem Schluss, dass für Nitrate keine eindeutige Empfehlung ausgesprochen werden kann.


Nifedipin (10 bis 20 mg sublingual, 15 bis 60 Minuten vor den Mahlzeiten eingenommen) senkt den Ruhedruck des Sphinkters um 30 bis 60 %, führt aber häufig zu Nebenwirkungen wie Hypotonie, Kopfschmerzen und Schwindel. Zudem entwickelt sich mit der Zeit eine Toleranz.


Eine weitere therapeutische Option bietet die Injektion von Botulinumtoxin A in den unteren Ösophagussphinkter. Die Anwendung des Toxins ist zwar sicher, aber die Wirkung lässt relativ rasch nach. Nach einem Jahr sind weniger als 60 % der Patienten in Remission. Botulinumtoxin sowie Nitrate und Kalziumantagonisten sollten nur bei Hochrisikopatienten oder als Interimslösung bis zu einer dauerhaften Behandlung eingesetzt werden, empfehlen die Gastroenterologen.

Für perorale Myotomie fehlen Langzeitresultate

Als Methoden der Wahl mit vergleichbarem Ergebnis gelten derzeit die Ballondilatation und die Heller-Myotomie. Zur Dilatation wird ein Ballon in den unteren Ösophagussphinkter (UÖS) eingeführt und langsam aufgeblasen. Je nach Symptomatik und Sphinkterdruck wiederholt man die Prozedur im Abstand von zwei bis vier Wochen mit steigender Ballongröße. Etwa ein Drittel der Patienten erleidet innerhalb von vier bis sechs Jahren ein Rezidiv, doch kann in diesem Fall erneut dilatiert werden.


Im Rahmen der laparoskopischen Heller-Myotomie wird die Muskelschicht des distalen Ösophagus und des UÖS durchtrennt. Als Refluxprophylaxe kann es sinnvoll sein, die Heller-Myotomie mit einer partiellen Fundoplicatio zu kombinieren.


Seit Kurzem steht ein weiteres Verfahren zur Verfügung, die perorale endoskopische Myotomie (POEM). Dabei legt der Endoskopeur einen submukösen Tunnel bis zum UÖS an und durchtrennt dort die zirkulären Muskelfasern. Allerdings existieren bisher weder Langzeitresultate noch kontrollierte Studien zu dieser Methode.

Achtung erhöhtes Ösophaguskarzinom-Risiko!

Wichtig für die Praxis: Achalasie-Patienten tragen im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung ein vielfach erhöhtes Ösophaguskarzinom-Risiko. Deshalb können nach Ansicht der Autoren vor allem bei Hochrisikopatienten (z.B. bei Männern) Kontrollendoskopien präventiv sinnvoll sein. Damit sollte man ggf. etwa zehn Jahre nach der Initialtherapie starten.


Quelle: Guy E. Boeckxstaens et al., Lancet 2014; 383: 83-93

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