Achalasie: Vor- und Nachteile der Therapieoptionen

Dr. Andrea Wülker

Jeder Vierte muss nach der Dilatation nochmal ran. Jeder Vierte muss nach der Dilatation nochmal ran. © Albertinen-Krankenhaus Hamburg

Für die Behandlung der Achalasie stehen verschiedene Verfahren wie Ballondilatation, perorale endoskopische Myotomie oder laparoskopische bzw. offene Heller-Myotomie zur Verfügung. Experten diskutierten das Für und Wider der Optionen.

Ziel der Achalasie-Therapie ist es, die Symptome langfristig zu kontrollieren, eine Progression zu verhindern und dabei möglichst unerwünschte Folgen der Behandlung zu vermeiden, so der Gastroenterologe Dr. Torsten­ Beyna­ vom Evangelischen Krankenhaus Düsseldorf. Hierfür stehen verschiedene Optionen zur Verfügung. Für die Dilatation spricht, dass das Verfahren fast überall verfügbar, wenig invasiv und rasch durchzuführen ist.

Der Ballon ist eher was für leichte Typen über 40

Die Anatomie des gastroösophagealen Übergangs bleibt erhalten, der Behandlungserfolg zeigt sich sofort nach der Intervention. Hinzu kommt, dass nach einer pneumatischen Dilatation nur wenige Patienten eine Refluxösophagitis entwickeln und zwei Drittel der über 40-Jährigen mit Achalasie Typ I oder II (s. Tabelle) bereits nach der ersten Dilatation keine Symptome mehr haben.

Achalasie-Subgruppen
TypBeschreibung
Iklassische amotile Form, minimale Druckbildung im tubulären Ösophagus
IIpanösophageale, deutliche Druckbildung
IIIspastische Kontraktionen

„Für diese Patientengruppe würde eine Myotomie eine Übertherapie bedeuten“, betonte Dr. Beyna. Allerdings ist bei etwa jedem Vierten eine erneute Behandlung erforderlich und bei jungen Patienten sowie bei Typ-III-Achalasie lässt die Effektivität der Methode zu wünschen übrig.

POEM – im Hinblick auf den Klinikaufenthalt ein Gedicht

Die perorale endoskopische Myotomie (POEM) als schonendes endoskopisches Verfahren über einen transmukosalen Zugang dauert ebenfalls nur kurz, besitzt eine geringe Hospitalisationsdauer und der Therapieerfolg stellt sich umgehend ein. Der endoskopierende Arzt kann die Achse der Myotomie frei wählen (anterior, posterior oder lateral) und auch eine langstreckige Myotomie durchführen.

Sogar für hyperkontraktile Motilitätsstörungen und Typ-III-Achalasie eignet sich laut Dr. Beyna die POEM. Jedoch schwanken die Zahlen derer, die danach eine Refluxsymptomatik entwickeln, stark (zwischen 8 % und mehr als 50 %). Im Langzeitverlauf treten Studien zufolge in bis zu 22 % Rezidive auf, wobei eine erneute POEM sicher und effektiv durchzuführen ist.

Was die chirurgischen Verfahren anbelangt, so gilt heute die minimal-invasive laparoskopische Myotomie nach Heller als Standard, erläuterte Professor Dr. Ines Gockel von der Viszeralchirurgie im Universitätsklinikum Leipzig. Dabei führt der Operateur im Ösophagus eine ca. 6–7 cm lange und im Fundus eine 2,5–3 cm lange Myotomie durch. Ältere Personen scheinen besser auf andere Verfahren anzusprechen, wobei das Cut-off-Alter nicht klar festgelegt ist.

Laut verschiedenen Metaanalysen weist die laparoskopische Heller-Myotomie gegenüber der pneumatischen Dilatation einen besseren Langzeitverlauf auf, deutlich mehr Patienten bleiben in Remission (ca. 85 % vs. ca. 62 %). Eine weitere Metaanalyse kam zu dem Schluss, dass es im Hinblick auf die Sicherheit keinen Unterschied zwischen beiden Optionen gebe, während die Autoren der Europäischen Achalasie-Studie darauf hinwiesen, dass Dilatationen in 25 % der Fälle wiederholt werden mussten.

Geringere Refluxrate nach Heller-Myotomie

Eine andere Studie ergab eine höhere Perforationsrate (6,9 %) bei der Heller-Myotomie im Vergleich zu Dilatation und POEM – wobei die Mehrzahl dieser Perforationen intraoperativ erkannt und übernäht wurde. Die Refluxraten seien nach Dilatation bis zu 33 % und nach POEM bis zu 38 % höher als nach Heller-Myotomie mit partieller Fundoplicatio (8,8 %), so Prof. Gockel. Die Referentin wies darauf hin, dass die POEM zwar die Dysphagie ausgezeichnet lindert, aber eben sehr häufig ein Refluxproblem nach sich zieht, das in > 60 % asymptomatisch verläuft. Daher empfiehlt die Kollegin routinemäßige pH-Testungen bei allen Patienten nach POEM.

Welchen Personen sollte man also eine chirurgische Therapie empfehlen? Patienten < 40 Jahre sprechen sehr gut auf eine laparoskopische Heller-Myotomie an. „Dieses Verfahren, kombiniert mit einer Semifundoplicatio, ist der Goldstandard, insbesondere bei Achalasie Typ I und II“, unterstrich Prof. Gockel und fügte hinzu: „Die Typ-III-Achalasie braucht sicherlich eine langstreckige laparoskopische Heller-Myotomie oder eine POEM.“

Eine chirurgische Therapie eignet sich auch als Rescue-Verfahren nach erfolglosen wiederholten pneumatischen Dilatationen oder Botox-Injektionen bzw. nach POEM. Im Endstadium der Achalasie mit Megaösophagus hat die Referentin ebenfalls gute Erfahrungen mit der Resektion und Rekonstruktion gemacht.

Mysterium um den Plexus myentericus

Die Achalasie zählt mit einer Inzidenz von ca. 1:100 000 Einwohnern pro Jahr zu den seltenen Erkrankungen. Die Ätiologie ist unbekannt. Es handelt sich um eine neurodegenerative Erkrankung mit Untergang von Nervenzellen des Plexus myentericus. dadurch verliert der untere Ösophagussphinkter seine Funktion und der distale Ösophagus die Peristaltik. Potenziell treten Gewichtsverlust, Retentionsösophagitis, Megaösophagus, Übertritt von Nahrungsbestandteilen in die Luftröhre und pulmonale Funktionsstörungen auf. Das Ösophaguskarzinomrisiko ist deutlich erhöht.

Quelle: Viszeralmedizin 2017

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Jeder Vierte muss nach der Dilatation nochmal ran. Jeder Vierte muss nach der Dilatation nochmal ran. © Albertinen-Krankenhaus Hamburg
Die fasrigen Bestandteile der letzten Mahlzeiten haben es nicht bis in den Magen geschafft. Die fasrigen Bestandteile der letzten Mahlzeiten haben es nicht bis in den Magen geschafft. © Albertinen-Krankenhaus Hamburg
Mit dem Ösophagus-Breischluck wird das Ausmaß der Achalasie gut sichtbar. Bei diesem Patienten besteht das Problem schon länger. Die Speiseröhre ist massiv dilatiert und geschlängelt. Mit dem Ösophagus-Breischluck wird das Ausmaß der Achalasie gut sichtbar. Bei diesem Patienten besteht das Problem schon länger. Die Speiseröhre ist massiv dilatiert und geschlängelt. © Albertinen-Krankenhaus Hamburg