Aktuelle und zukünftige Strategien für die B-Zell-Depletion

Dr. Sonja Kempinski

CAR-T-Zellen sind Serienkiller, die alle Organe und Gewebe des Körpers erreichen. CAR-T-Zellen sind Serienkiller, die alle Organe und Gewebe des Körpers erreichen. © Vink Fan - stock.adobe.com

B-Zellen sind der Dreh- und Angelpunkt bei Autoimmunerkrankungen. Deshalb sind sie auch ein lohnendes Behandlungsziel in der Rheumatologie. Bisher wurden vor allem Antikörper zu ihrer Depletion ins Feld geschickt. Zellbasierte Therapien scheinen jedoch noch effektiver zu sein.

B-Zellen sind ein essenzieller Bestandteil des adaptiven Immunsystems und spielen auch eine gewichtige Rolle bei der Entwicklung von Autoimmunerkrankungen. Autoreaktive Plasmazellen produzieren Antikörper, die u. a. die Autolyse von Zellen oder die Bildung von Immunkomplexen anstoßen und somit die Zerstörung von Gewebe triggern. Durch die Produktion von Zytokinen wie TNF-alpha oder Interleukin-6 können B-Zellen zudem die Inflammation anheizen. Und schließlich fördern sie als antigenpräsentierende Zellen die Differenzierung von Gedächtnis- und von Helfer-T-Zellen, schreiben Prof. Dr. Georg Schett vom Universitätsklinikum Erlangen und Kollegen. Deshalb sind B-Zellen ein lohnendes Ziel bei der Behandlung von Autoimmunerkrankungen. Um pathologische B-Zellen therapeutisch zu eliminieren, gibt es aktuell verschiedene Strategien. Dabei kann man sich z. B auf monoklonale Antikörper oder die CAR-T-Zell-Therapie stützen.

Rituximab zielt auf das Membranprotein CD20

Der erste B-Zell-depletierende monoklonale Antikörper, der in der Rheumatologie eingesetzt wurde, ist Rituximab. Sein Ziel ist das Membranprotein CD20, das vor allem auf B-Lymphozyten exprimiert wird. Rituximab hat sich in der Behandlung der rheumatoiden Arthritis und der ANCA-positiven Vaskulitis als effektiv und sicher erwiesen. Bei anderen Entitäten sind die Ergebnisse nicht so eindeutig, so z. B. beim systemischen Lupus erythematodes (SLE), bei Myositiden oder dem Sjögren-Syndrom.

Neben Rituximab gibt es noch weitere B-Zell-depletierende Antikörper zur Behandlung von Autoimmunerkrankungen. Ebenfalls auf CD20 zielt Ocrelizumab. Eine große Phase-III-Studie an RA-Erkrankten wurde jedoch trotz Effektivität abgebrochen: Der Grund waren vermehrte Infektionen. Obinutuzumab, ein weiterer Anti-CD20-Antikörper, ist offenbar erfolgreicher. Aufgrund einer speziellen Glykosilierung kann er besser an FcγR*-III binden und verstärkt so die antikörpervermittelte Zytotoxizität. Momentan wird das Biologikum bei Lupusnephritis in Phase-III-Studien geprüft. 

Weitere Antikörper nehmen andere Oberflächenproteine ins Visier. Antikörper gegen CD19 und CD22 haben bei Lupus versagt, sind jedoch bei nicht-rheumatischen autoimmunvermittelten Erkrankungen erfolgreich. Ianalumab, ein Antikörper gegen den BAFF**-Rezeptor, konnte in Studien mit Sjögren-Erkrankten die B-Zellen erfolgreich depletieren und wird als vielversprechende Option für die schwierig zu therapierende Autoimmunerkrankung gehandelt. Telitacicept neutralisiert zwei Zytokine, die für die Entwicklung und Funktion der B-Zellen wichtig sind. In China wurde es bereits zur Behandlung des SLE zugelassen. Daratumumab zielt auf CD38 und war in einzelnen Fällen von schwerem SLE erfolgreich. 

Die Therapie von Autoimmunerkrankungen mit monoklonalen Antikörpern weist jedoch etliche Limitationen auf. Sie muss meist langfristig und in Kombination mit anderen Immunsuppressiva eingesetzt werden. Dadurch drohen vermehrt Infektionen und Hypogammaglobulinämien. Zudem reduzieren B-Zell-depletierende Antikörper die Antwort auf Vakzinationen.

Antikörper greifen Plasmazellen nicht an

Als Hauptmanko gilt jedoch die z. T. mangelhafte Effektivität. Denn einige Autoimmunerkrankungen – wie beispielsweise der SLE – sprechen nicht besonders gut auf die antikörperinduzierte B-Zell-Depletion an. Womöglich liegt das daran, dass diese nicht weitreichend genug ist. Zwar werden auto- und alloreaktive B-Zellen reduziert, Plasmablasten und Plasmazellen aber gar nicht angegriffen. Tiermodelle und Gewebeuntersuchung von Menschen haben gezeigt, dass durch die Antikörper fast alle zirkulierenden B-Zellen, aber nur ein Teil der B-Zellen in den Lymphknoten eliminiert werden. Bei an RA Erkrankten unter Rituximab waren die B-Zellen zwar aus dem peripheren Blut, aber nur z. T. aus der Synovia verschwunden. Tonsillektomien bei SLE-Erkrankten ergaben, dass trotz Rituximabtherapie sowohl Gedächtniszellen als auch Keimzentrum-B-Zellen im Tonsillengewebe vorhanden waren. 

Eine weitaus effektivere B-Zell-Depletion ermöglicht dagegen die CAR-T-Zell-Therapie. Denn CAR-T-Zellen können den Autoren zufolge nicht nur die Antigenerkennung und das Töten in einer Einheit erledigen. Sie erreichen auch alle Organe und Gewebe des Körpers. Im Gegensatz zu den Antikörpern eliminieren sie dadurch nicht nur auto- und alloreaktive B-Zellen, sondern auch Plasmablasten. Als „Serienkiller“ sind sie deshalb ideal geeignet, eine umfassende B-Zell-Depletion hervorzurufen.

In der Rheumatologie wurde dies als Erstes an einer Patientin mit schwerem, refraktärem SLE gezeigt. Mithilfe einer auf CD19 gezielten CAR-T-Zelltherapie ließ sich ganz ohne begleitende Glukokortikoide und Immunsuppressiva eine Remission erreichen. Gleiches gelang auch in anderen entzündlich-rheumatischen Entitäten (idiopathische Myositis, systemische Sklerose). Inzwischen wurde auch der Fall einer idiopathischen entzündlichen Myopathie publiziert, bei dem BCMA-CAR-T-Zellen, deren Ziel das B-Zell-Reifungsantigen auf Plasmazellen und Plasmablasten ist, erfolgreich waren.

CAR-T-Zellen müssen nur ein Mal eingesetzt werden

Die CAR-T-Zell-Therapie bietet viele Vorteile. Sie muss nur einmal angewendet werden und bei Erfolg ist eine weitere Immunsuppression nicht mehr erforderlich. Denn nach der Aplasie bilden sich zwar neue, naive B-Zellen – die Gedächtniszellen und Plasmablasten aber sind verschwunden. Damit kann die Therapie autoimmune Zellklone beseitigen und das B-Zell-System sozusagen neu starten. Krankheitsspezifische Antikörper wie die gegen Doppelstrang-DNA beim SLE sind ebenfalls nicht mehr nachweisbar – ein Hinweis darauf, dass einige der Autoantikörper von CD19-positiven Plasmablasten stammen. Impfstoffinduzierte Antikörper wie diejenigen gegen Tetanus oder Masern werden dagegen durch die CAR-T-Zell-Therapie nicht eliminiert. Das deutet darauf hin, dass diese von CD19-negativen Plasmazellen produziert werden, schreiben die Autoren.

Die Zukunft der CAR-T-Zell-Therapie bei entzündlich-rheumatischen Autoimmunerkrankungen hängt u. a. von ihrer Sicherheit ab. Die aus der Hämatoonkologie bekannten Probleme wie das Zytokinfreisetzungssyndrom, die Neurotoxizität und eine verlängerte Myelotoxizität scheinen jedoch beim Einsatz der CAR-T-Zellen in der Rheumatologie eine geringere Rolle zu spielen. Gleiches gilt für die Entstehung von T-Zell-Lymphomen: Bei Autoimmunerkrankungen ist das Risiko durch eine CAR-T-Zell-Therapie nicht erhöht, führen die Autoren aus. 

Einer der Gründe dafür ist, dass Rheumakranke im Gegensatz zu Menschen mit Krebs keine intrinsisch erhöhte chromosomale Instabilität aufweisen. Zudem überleben die CAR-T-Zellen nach Infusion nur wenige Wochen.

Bisher wurden nur relativ wenige Menschen mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen einer zellbasierten Therapie zugeführt. Langfristig wird sich zeigen, wie sicher die Behandlung ist und welche Autoimmunerkrankungen am besten darauf ansprechen.

* Fragment-crystallizable-gamma-Rezeptor
** B-Zell-Aktivierungs-Faktor

Quelle: Schett G et al. Ann Rheum Dis 2024; DOI: 10.1136/ard-2024-225727

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