
Allergie-Notfall bei Kindern: Was tun?
Im Kampf gegen eine Anaphylaxie steht die Applikation von Adrenalin im Vordergrund, heißt es in der neuen S2-Leitlinie zu Akuttherapie und Management der Anaphylaxie. Wie genau therapeutisch vorzugehen ist, berichtete der Experte.
Der anaphylaktische Schock ist gekennzeichnet durch Flush, Juckreiz, Quaddeln und Ödeme. Anschwellende Schleimhäute bewirken Schluckbeschwerden, Übelkeit und Erbrechen.
In den Atemwegen kommt es zu Stridor und zum Bronchospasmus. Der Kreislauf kämpft mit Kapillarstörungen, weiten Gefäßen und Volumenmangel. Normalerweise stabilisiert der Körper bei Plasmavolumenverlust den Blutdruck mit Vasokonstriktion und die Patienten werden im beginnenden Schock blass.
Anaphylaktischer Schock: Allergie-Notfall
Ganz anders bei der Anaphylaxie: Die Patienten sind trotz Flüssigkeitsmangel krebsrot. Sie können aufgrund hoher Zytokininausschüttung ihre Gefäße nicht eng stellen und durch die Bradykininausschüttung bleibt die Herzfrequenz niedrig. Typisches klinisches Bild: Patient im „roten Schock“.
„Zudem verquellen die oberen Luftwege und die Sauerstoffsättigung geht in den Keller“, erklärte Dr. Alexander Dorsch, Trainmed GmbH, Qualitätsmanagement in der Notfallmedizin in Haimhausen. „Bei der Anaphylaxie versagen einfach alle Mechanismen zur Kompensation.“
Die erste Maßnahme bei einem solchen Notfall ist der Hilferuf. „Alarmieren Sie den Notarzt“, riet der Referent. Dann braucht der Patient dreierlei: eine radikale Volumensubstitution, Vasokonstriktion und Sauerstoff, fasste der Referent den Therapieansatz zusammen.
Anaphylaxie: Bradykinin und Zytokine blockieren Kreislaufregulation
Allerdings gibt es für diese Notfallsituation zur Gabe von Adrenalin oder Volumen keine kontrollierten Doppelblindstudien. Die Therapie wurde aufgrund der Plausibilität der Maßnahmen entwickelt. Adrenalin gilt als der wichtigste Vasokonstriktor.
Es handelt sich aber um eine hochtoxische Substanz. Also ist Vorsicht geboten und die i.v. Gabe immer die Ultima Ratio. Sichere und gut wirksame Alternative: die i.m. Applikation. Die Leitlinienautoren raten zur sofortigen Gabe von 0,3 bis 0,5 mg Adrenalin in die Außenseite des Oberschenkels als medikamentöse Therapie der ersten Wahl.
Für Kinder wird die Dosis je nach Körpergewicht angepasst. Mehrere Autoinjektoren stehen zur Verfügung, für den ärztlichen Ersthelfer empfiehlt sich allerdings ein Spritzen-Nadel-System, da sich damit die Eindringtiefe der Nadel, vor allem bei adipösen Patienten, anpassen lässt.
Adrenalin i.m. wichtigste Maßnahme
Je nach Wirkung wiederholt man die Maßnahme dann alle fünf bis zehn Minuten. Die zusätzliche inhalative Gabe von Adrenalin verstärkt den Effekt und wird in der neuen Leitlinie erstmals explizit empfohlen.
Steht die Bronchialobstruktion im Vordergrund, ist die zusätzliche Gabe von inhalativen β-Agonisten sinnvoll. Man gibt z.B. zwei bis vier Hübe Salbutamol oder Terbutalin, wenn möglich über einen Spacer. Dazu erhält der Patient 8 bis 15 l Sauerstoff/min.
Für die Volumengabe raten die Autoren zu kristalloiden Infusionslösungen. An Flüssigkeit nicht sparen: 40 ml Elekrolytlösung pro kg dürfen es schon sein, d.h. beim Erwachsenen zwei bis drei Liter. Plasmaexpander, wie Hydroxaethylstärke (HAES) sind aufgrund erhöhten Sterberisikos und der Gefahr von Nierenversagen in die Diskussion geraten. Sie werden lediglich noch bei dekompensierendem Schock und vitaler Indikation empfohlen (10 ml/kg KG).
Volumensubstitution und Sauerstoffgabe stabilisieren den Kreislauf
Auch hyperosmolare Lösungen kommen im Rahmen der „small-volume resuscitation“ infrage, die mit geringer Volumengabe (4 ml/kg KG) eine sehr rasche Wiederherstellung adäquater Kreislaufverhältnisse ermöglichen.
Die Venenpunktion stellt im Notfall oft ein großes Problem dar. Bei Kindern, aber auch bei Erwachsenen bietet der intraossäre Zugang eine gute Alternative. Die Leitlinienautoren empfehlen daher, sich bereits nach zwei Minuten frustraner Venenpunktionsversuche für eine intraossäre Gabe zu entscheiden.
Die angeschwollenen Atemwege erschweren oft die Intubation derart, dass diese nur durch professionelle Teams erfolgen sollte. Alternativ können supraglottische Atemwegshilfen versucht werden.
Intubation und Glukokortikoide kommen erst ganz zum Schluss
Die Wirkung von H1- und H2-Antagonisten tritt erst verzögert ein und die Evidenz ist insgesamt schwach. Dennoch empfehlen Experten die zusätzliche Anwendung bei schweren und therapieresistenten Anaphylaxien, auch weil sie keine wesentlichen Nebenwirkungen aufweisen.
Für Glukokortikoide i.v, rektal oder oral gibt es auch kaum Daten. „Die Gabe von Kortison lässt sich mit dem Abdecken eines Brunnens vergleichen, nachdem das Kind hineingefallen ist“, beschrieb der Experte die verzögerte Wirkungsweise. Daher kommt diese Medikation erst als letzte, wenn alles andere versucht wurde.
Quelle: 30. Consilium Live Intensiv-Symposium für Kinder- und Jugendärzte 2014 des Unternehmens Infectopharm
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