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Anamnese, Pricktest, Hyposensibilisierung: Allergologie kann auch der Hausarzt

Allergien zählen zu den häufigsten chronischen Erkrankungen überhaupt. Gerade für Hausärzte ist es daher wichtig, sich eine praktikable Strategie zum Management dieser Patienten zuzulegen. Praxistipps für Hausärzte gab Norbert K. Mülleneisen, Pneumologe am Asthma- und Allergiezentrum Leverkusen. Zum Glück wird es im neuen EBM endlich auch eine Anamneseziffer geben (siehe Kasten).
Das bringt der neue EBM
Ein Selfie sagt manchmal mehr als tausend Worte
Lassen Sie Ihre Patienten bei kutanen Symptomen in der akuten Phase ein Selfie machen, riet der Referent. Dann müssen Sie nicht lange rätseln, welche Morphologie hinter der Beschreibung „roter Ausschlag“ steckt. Medikamente können allergieähnliche Symptome auslösen und gehören daher ebenso zur Anamnese wie Kofaktoren, welche die allergische Reaktion fördern (Sport, Sauna, Alkohol, Beruf, Wetter…). Als Allergene kommen vor allem Pollen, Milben und Tierepithelien infrage, seltener, aber für den Patienten gefährlicher, Arzneimittel und Insektengifte. Getestet wird in der Regel per Pricktest. Auch wenn der Test meist unproblematisch möglich ist, birgt er in manchen Situationen Risiken (siehe Kasten).Bitte kein Pricktest bei
- Hautkrankheiten im Testfeld
- Urticaria factitia
- deutlich beeinträchtigtem Allgemeinzustand
- instabilem oder schlecht kontrolliertem Asthma
- Einnahme von Arzneimitteln, die Sofortreaktionen beeinflussen
- Behandlung mit Betablockern (gilt für Tests, bei denen eine erhöhte Gefahr systemischer Reaktionen besteht)*
- Schwangerschaft*
* Es sei denn, vom Testergebnis hängt eine wichtige Therapieentscheidung ab und eine anaphylaktische Reaktion ist mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zu erwarten.
S.c. Hyposensibilisierung nicht der MFA überlassen
Natürlich ist auch nicht jedes Testergebnis verwertbar – zum Beispiel wenn die Positivkontrolle mit Histamin negativ ausfällt, etwa weil der Patient ein Medikament mit Antihistamin-Wirkung (beispielsweise bestimmte Tranquilizer) einnimmt. Oder wenn die Negativkontrolle, etwa aufgrund einer bisher unerkannten Urticaria factitia ein positives Ergebnis zeigt. Manche Patienten reagieren auch auf die Konservierungsmittel in der Lösung. In diesen Fällen sollten Sie überlegen, den Test zu einem späteren Zeitpunkt bzw. mit anderen Testlösungen zu wiederholen. Auf den Allergietestbogen gehören nicht nur Datum, Art und Resultate des Tests, sondern auch die Hersteller der Testsubstanzen, da es je nach Anbieter Unterschiede geben kann. Dass Name und Anschrift der Praxis verzeichnet sein sollten, hört sich selbstverständlich an, ist es aber nicht. Selbst der Name des Patienten und die Angabe, welche Allergiemedikamente er nimmt, fehlen auf manchen Bögen, so die Erfahrung von Herrn Mülleneisen. Auch der Allergiepass will sorgfältig ausgefüllt sein – es reicht nicht, wenn Sie das Ergebnis des Hauttests dort eintragen, denn eine Sensibilisierung ist noch keine Allergie. „Der Allergiepass ist ein Ausweis über eine Erkrankung“, betonte der Pneumologe. Dort hinein gehören Testergebnisse und deren klinische Relevanz, Ausweichpräparate bei Medikamentenunverträglichkeit, Angaben zu Therapie und Notfallmedikation. Da immer weniger standardisierte Testextrakte kommerziell erhältlich sind, müssen Sie sich unter Umständen mit einem Do-it-yourself-Test (Prick-to-Prick) behelfen. Das muss aber beim Regierungspräsidenten angemeldet werden, denn solche Selfmade-Tests gelten als Arzneimittel, erinnerte der Referent. Im Großen und Ganzen reiche dafür aber ein Schreiben, in dem Sie Ihre Absicht kundtun und um Genehmigung bitten, mit Nahrungsmitteln Prick-to-Prick zu testen. Bei Pollentests gibt es regionale Besonderheiten zu beachten: In der Lausitz gehört Ambrosia ins Panel, in Mecklenburg-Vorpommern Roggen, in Schleswig-Holstein auch Raps, in Nordrhein-Westfalen Birke und Esche, aber auch Eibe, in der Kölner Innenstadt Platane und so weiter und so fort. Wenn Sie und Ihr Patient sich zu einer Hyposensibilisierung entschließen, ist wichtig, dass Sie die Injektionen selbst übernehmen. Gleiches gilt für die Entscheidung, ob die Hypo stattfindet bzw. ob die Dosis angepasst werden muss. „Natürlich ist die Injektion banal, das beherrscht Ihre MFA“, sagte Mülleneisen. „Aber Sie sollten den Patienten sehen, sich selbst einen Eindruck verschaffen – deshalb bleibt die Spritze Arztsache.“ Dass es sich hier nicht um Korinthenkackerei handelt, verdeutlicht ein Fall, in dem Mülleneisen als Gutachter tätig werden musste. Hypo bei einem schlecht eingestellten Asthmakranken, Spritze ohne Arztkontakt von der Helferin gesetzt, Streitwert: neun Millionen Euro.Im Vorfeld drei Faktoren abklären
Die drei wichtigen Fragen am Anfang kann tatsächlich erst einmal die MFA stellen: Geht es Ihnen gut? Beim letzten Mal alles gut vertragen? Nehmen Sie neue Medikamente ein (beispielsweise Betablocker)? Ein Nein auf eine der ersten beiden Fragen oder ein Ja auf die letzte ist das eindeutige Signal: Spritze nicht aufziehen.Quelle: 9. Kongress der WdGP*
* Westdeutsche Gesellschaft für Pneumologie
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