Intoleranz oder Allergie: Wenn NSAR Haut und Atemwege reizen

Michael Brendler

Die Symptome einer ASS-Intoleranz reichen von auftretenden Hautausschlägen bis zur Atemnot. Die Symptome einer ASS-Intoleranz reichen von auftretenden Hautausschlägen bis zur Atemnot. © iStock/Wavebreakmedia

Schon vor rund 120 Jahren fiel Medizinern auf, dass Patienten extrem empfindlich auf ASS reagieren können­. Inzwischen wurden insgesamt fünf Formen der NSAR-Unverträglichkeit identifiziert – mit unterschiedlichen Entstehungsmechanismen.

So ganz verstanden hat man immer noch nicht, warum manche Menschen nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) nicht vertragen. Vor allem stark wirkende COX-1-Hemmer, so viel zumindest gilt als sicher, können bei genetischer Prädisposition zu einem Ungleichgewicht zwischen Prostaglandinen und Leukotrienen und damit zu einer Intoleranzreaktion führen. Das berichtet Professor Dr. Barbara K. Ballmer-Weber von der Klinik für Dermatologie am Kantonsspital St.Gallen. Die Beschwerden reichen von Hautausschlag, Angioödem und einer verstopfte Nase bis hin zu asthmatischen Symptomen.

Besonders ausgeprägt ist die Reaktion, wenn Betroffene schon ein Asthma oder nasale Polypen als Grunderkrankung aufweisen und diese sich durch die NSAR verstärken bzw. aufflammen. Gleiches gilt bei Patienten mit chronisch spontaner Urtikaria und Angioödem. Es gibt aber auch Menschen, die aus heiterem Himmel nach Tabletteneinnahme Angioödeme und Quaddeln entwickeln.

Soforttyp-Allergie kann zur Anaphylaxie führen

Der Pathomechanismus der Intoleranz ist bei allen drei Patientengruppen gleich. Ebenfalls gemeinsam ist, dass die Reaktion dosisabhängig verläuft. Da der Grund für das beschriebene Ungleichgewicht in der generellen COX-1-Hemmung liegt, ist i.d.R. von einer breiteren Intoleranz innerhalb der NSAR auszugehen. Aber es kann sein, dass Patienten schwache COX-1-Hemmer und COX-2-Hemmer besser vertragen.

Keine Panik vor Lebensmitteln

In vielen Lebensmitteln, z.B. Früchten, Gemüse, Kräutern, ist die ASS-Ursubstanz Salicylsäure enthalten. Allerdings sind die Konzentrationen – und damit verbunden die konsumierten Mengen – in der Regel so gering, dass sie für Patienten mit ASS-Intoleranz völlig harmlos sind. Man müsste schon 20 kg Kirschen oder 3 kg Rosinen essen, beruhigt die Expertin.

Die European Academy of Allergy and Clinical Immunology grenzt von der Intoleranz zwei rein allergisch bedingte NSAR-Unverträglichkeiten ab. Zum einen gibt es die IgE-vermittelte Soforttyp-Reaktion mit Urtikaria, Angioödem sowie dem Heuschnupfen ähnlichen Symptomen im Bereich der Schleimhäute, die manchmal aber auch auf Gefäße und Bronchialmuskulatur übergreifen (Anaphylaxie!). Zum anderen den T-Zell abhängigen Spättyp, der vor allem mit kutanen allergischen Reaktionen einhergeht. Hier sind schlimmstenfalls toxische epidermale Nekrolysen oder ist ein DRESS* möglich. Bei den Allergien sind zusätzliche Reaktionen auf andere NSAR seltener zu erwarten und treten meist nur auf, wenn verwandte chemische Strukturen vorhanden sind. Für die Diagnostik, schreibt Prof. Ballmer-Weber, ist die Anamnese in der Regel richtungsweisend. Sind Grund­erkrankungen wie Asthma oder Angioödem vorhanden? Werden andere NSAR toleriert? Schritt Nummer zwei ist eine Hauttestung, zum Teil ergänzt durch Laboruntersuchungen, um „echte“ Allergien auszuschließen. Mittels kontrollierter oraler Provokationen ist es anschließend möglich, im klinischen Setting nach potenziellen Alternativen zu fahnden. Wichtig: Die Ergebnisse sollten danach im Allergiepass stehen. Braucht der Patient eine langfristig niedrig dosierte ASS-Therapie, ist es bei Intoleranz möglich, manche Patienten langsam an das Medikament zu gewöhnen. Der Toleranzeffekt hält allerdings nur, solange die Einnahme täglich erfolgt, ab einer 2- bis 5-tägigen Pause bleibt er aus.

* drug rash with eosinophilia and systemic symptoms

Quelle: Ballmer-Weber BK. Therap Umsch 2019; 76: 23-27; DOI: 10.1024/0040-5930/a001053

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Die Symptome einer ASS-Intoleranz reichen von auftretenden Hautausschlägen bis zur Atemnot. Die Symptome einer ASS-Intoleranz reichen von auftretenden Hautausschlägen bis zur Atemnot. © iStock/Wavebreakmedia