Analgetikum auf Bewährung: Metamizol entpuppt sich als sichere Alternative zu NSAR

Dr. Michael Brendler

Nicht nur beim klassischen Rheuma, sondern auch bei anderen Schmerzen hilft Metamizol und dies sogar teils besser als nicht-steroidale Antirheumatika. Nicht nur beim klassischen Rheuma, sondern auch bei anderen Schmerzen hilft Metamizol und dies sogar teils besser als nicht-steroidale Antirheumatika. © fotolia/Africa Studio

In deutschen Pflegeheimen ist Metamizol das am meisten verwendete Analgetikum. Auch in Kliniken und Praxen wird der einst kritisierte Wirkstoff immer beliebter. In puncto Wirksamkeit und Sicherheit schlägt er meist sogar nicht-steroidale Antirheumatika.

Weniger Nebenwirkungen als Opioide und ähnlich viele unerwünschte Ereignisse wie unter Paracetamol, nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) und Placebo: Wer die Ergebnisse solcher Metaanalysen liest, kann sich eigentlich nur wundern, dass Metamizol in vielen europäischen Ländern nicht zugelassen ist. In Australien, den USA oder Japan verschwand es sogar ganz vom Markt.

Den Verdacht, das Schmerzmittel verursache tödliche Agranulozytosen, diskutieren Kollegen seit Langem. Die Schweizer Professoren Dr. Manuel Haschke­ von der Abteilung für Klinische Pharmakologie & Toxikologie des Inselspitals Bern und Dr. Matthias Liechti­ vom Universitätsspital Basel beurteilen den Stellenwert von Metamizol nun anhand aktueller Daten neu.

In den letzten Jahren seien Sicherheit und Wirksamkeit des Mittels in mehreren Publikationen reanalysiert worden. „Wenn wir die verfügbaren epidemiologischen Studien zusammenfassen, scheint das Agranulozytoserisiko sehr gering zu sein“, so die Kollegen. Den Ergebnissen zufolge schneidet Metamizol in Hinblick auf seine Risiken sogar fast besser ab als nicht-steroidale Antirheumatika. Das Risiko, an einer durch NSAR induzierten gastrointestinalen Blutung oder kardiovaskulären Komplikation zu sterben, liegt demnach höher als die Gefahr einer letalen Agranulozytose unter Metamizol.

Indikationen für Metamizol

Für postoperative Schmerzen liegt die Number needed to treat von 500 mg Metamizol oral auf dem Niveau von NSAR und schwachen Opioiden. In der Langzeittherapie von Krebsschmerzen können Kollegen das Mittel wegen des besseren Sicherheitsprofils den NSAR vorziehen. Bei klar entzündlichen Schmerzen und Fehlen klarer Kontraindikationen ist ein nicht-steroidales Antiphlogistikum wie Ibuprofen jedoch die bessere Wahl. Für die Therapie von chronischen Schmerzen des Bewegungsapparates fehlen bisher entsprechende Studiendaten.

In den ersten zwei bis sieben Tagen besonders aufpassen

Die Inzidenz dieser Ereignisse beläuft sich auf 0,5–1,5 Fälle pro Million Anwendungstage oder einen pro 95 000–286 000 Anwendungen über eine Woche. Besonders häufig sind ältere Menschen und Frauen betroffen, was vermutlich an den hohen Verschreibungszahlen liegt. Die Wahrscheinlichkeit einer Agranulozytose scheint mit höheren Dosen nicht zuzunehmen. Laut Prof. Haschke und Prof. Liechti treten diese meist innerhalb der ersten 2–7 Behandlungstage auf. Nach ein bis zwei Monaten Dauermedikation sinkt das Risiko dann konsistent ab.

Komplikationen der Therapie

  • Thrombozyten: Metamizol hemmt die Aggregation stärker als Coxibe, aber weniger lange als nicht COX-spezifische NSAR.
  • Gastrointestinale Blutungen: Metamizol ist im Gegensatz zu NSAR nicht mit einem relevanten gastrointestinalen Blutungsrisiko assoziiert. Unter höheren Dosen wurden Mukosaläsionen gefunden.
  • Allergie: Die parenterale Verabreichung von Metamizol kann zu schweren anaphylaktoiden/hypotonen Reaktionen führen. Sie ist deshalb nur indiziert, wenn eine orale Gabe nicht möglich ist und sollte am liegenden Patienten und mit anschließender Blutdrucküberwachung erfolgen. Schwere Hautreaktionen kommen eher selten vor.

Regelmäßige Blutkontrollen sind nicht immer sinnvoll

„Das heißt auf der anderen Seite, dass bei Patienten, welche Metamizol die ersten zwei Monate gut toleriert haben, ein späteres Auftreten einer Agranulozytose unwahrscheinlich ist“, erklären die Autoren. Die Letalität der gefürchteten Komplikation schätzen Kollegen auf 5–7 %, wobei die schwersten Verläufe Patienten im fortgeschrittenen Alter, mit schweren Begleiterkrankungen oder Komedikationen mit knochenmarktoxischen Arzneistoffen betreffen. Angesichts dieser Seltenheit steht für die beiden Schweizer fest: Regelmäßige Kontrollen der Blutwerte sind zumindest bei asymptomatischen Patienten weder medizinisch noch wirtschaftlich sinnvoll. „Wesentlich ist aber, dass die Patienten über diese Gefahr informiert werden.“ Zudem sollte man sie unbedingt instruieren, bei auftretenden Halsschmerzen oder Ulzerationen im Mund mit oder ohne Fieber die Behandlung mit Metamizol zu stoppen und rasch einen Arzt aufzusuchen. 

Quelle: Haschke M, Liechti M. Swiss Medical Forum 2017; 17: 1067–1073

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Nicht nur beim klassischen Rheuma, sondern auch bei anderen Schmerzen hilft Metamizol und dies sogar teils besser als nicht-steroidale Antirheumatika. Nicht nur beim klassischen Rheuma, sondern auch bei anderen Schmerzen hilft Metamizol und dies sogar teils besser als nicht-steroidale Antirheumatika. © fotolia/Africa Studio