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NSAR und Allopurinol bei Risikopatienten im Alltag sicherer als gedacht

Gerade bei muskuloskelettalen Schmerzen sind NSAR bewährte Mittel. Allerdings belegen zahlreiche Studien ihr kardiovaskuläres und renales Risikopotenzial. Gemäß den „Klug entscheiden“-Empfehlungen sollten die Medikamente bei Patienten mit Herzinsuffizienz, Bluthochdruck oder chronischem Nierenleiden nicht gegeben werden. So mancher Kollege sieht aber keine Alternative, sodass etwa jeder zehnte Hochrisikopatient letztlich doch ein NSAR-Rezept erhält, wie eine aktuelle retrospektive Observationsstudie anhand von kanadischen Allgemeinarztpatienten zeigt.1
Die Untersuchung der Real-Life-Daten von 70 000 über 65-Jährigen mit muskuloskelettalen Beschwerden und komorbidem Risikofaktor ergab aber auch: Kardiale und renale Komplikationen sowie Todesfälle traten bei Patienten mit neuer NSAR-Einnahme in den folgenden 30 Tagen ebenso häufig auf wie bei denjenigen ohne entsprechende Medikation. Das Team um Zachary Bouck vom Women’s College Hospital in Toronto hatte etwa 35 000 Patientenpaare mit gleichen Charakteristika einander gegenübergestellt.
Weniger Niereninsuffizienzen unter 300 mg Allopurinol
Ähnliche retrospektive Real-Life-Daten haben Dr. Ana Beatriz Vargas-Santos von der Universität von Rio de Janeiro und Kollegen kürzlich zu Allopurinol vorgestellt, und zwar mit etwa 10 000 passenden Patientenpaaren aus Großbritannien.2 Alle hatten eine neu diagnostizierte Gicht und eine (annähernd) normale Nierenfunktion. Die gängigen Empfehlungen sehen vor, bei begleitender Nierenfunktionseinschränkung mit einer geringeren – und möglicherweise weniger effektiven – Dosis zu starten. Viele fürchten ein Allopurinol-Hypersensitivitätssyndrom.
Die Analyse zeigte, dass Patienten mit Allopurinoldosen ≥ 300 mg/d gegenüber keiner medikamentösen Gichttherapie seltener eine chronische Niereninsuffizienz vom Stadium 3 entwickelten. Über ein mittleres Follow-up von fünf Jahren trug das Pharmakon also nicht zu einem Abbau der renalen Funktion bei.
Derartige Untersuchungen müssten natürlich immer vorsichtiger interpretiert werden als randomisierte Studien, mahnen die Kommentatoren Dr. Jonathan Zipursky und Dr. David Juurlink von der Inneren Medizin des Sunnybrook Health Sciences Centre in Toronto.3 Allerdings können gut gemachte Observationsstudien wichtige Informationen für den Alltag liefern.
Für die konkreten Beispiele NSAR und Allopurinol heißt das: Einen Persilschein kann es schon aufgrund des fehlenden Kausalitätsnachweises nicht geben. Doch allzu streng dürfe man relative Kontraindikationen auch nicht sehen. Ohnehin zeigen Erfahrungen im Alltag, dass z.B. viele Patienten mit Herzinsuffizienz oder Bluthochdruck eine Kurzzeittherapie mit NSAR tolerieren.
Quellen:
1. Bouck Z et al. JAMA Intern Med. 2018; 178: 1516-1525
2. Vargas-Santos AB et al. A.a.O.: 1526-1533
3. Zipursky J, Juurlink DN. A.a.O.: 1533-1534
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