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Drei Gefahren bei Nebenniereninsuffizienz

Seit es synthetische Gluko- und Mineralokortikoide gibt, lässt sich eine Nebenniereninsuffizienz gut behandeln. Neben der Lebenserwartung profitiert auch die Lebensqualität der Betroffenen von einer adäquaten Substitution. Die Gefahr einer verzögerten Diagnose oder letaler Addisonkrisen ist aber nach wie vor nicht gebannt, weshalb die Internistin Dr. Gesine Meyer vom Universitätsklinikum Frankfurt an die drei wichtigsten Fallstricke erinnert.
1. Mitunter bemerken Kollegen die abnehmende Organfunktion zu spät oder schieben die Beschwerden auf eine gastrointestinale bzw. psychiatrische Erkrankung. Bei vielen Patienten verzögert sich die Diagnose um Monate oder sogar Jahre. Die Lebensqualität hängt unmittelbar von dieser Latenzzeit ab. Nicht selten muss es erst zur lebensbedrohlichen Addisonkrise kommen, bis die Nebenniereninsuffizienz dingfest gemacht wird.
Stimulierter Kortisolspiegel < 18 µg/dl weist auf Insuffizienz
Das liegt zum einen an der niedrigen Prävalenz von 126/1 000 000 für die primäre bzw. 222/1 000 000 für die sekundäre Form. Zum anderen erschweren die unspezifischen Symptome des Hypokortisolismus die Diagnose. Betroffene leiden z.B. unter Müdigkeit, Gewichtsabnahme, Übelkeit, Gelenkschmerzen sowie niedrigem Blutdruck. Besteht ein entsprechender Verdacht, rät Dr. Meyer zu einem zeitnahen ACTH-Stimulationstest. Ein stimulierter Kortisolspiegel von < 18 µg/dl weist auf die Fehlfunktion hin.
2. Allein mit dem Start einer Glukokortikoidsubstitution ist es noch nicht getan. In der Behandlung gilt es, sowohl die Dosis als auch die Verteilung über den Tag möglichst physiologisch zu gestalten (wegen zirkadianer Rhythmik bei Gesunden). Anhaltend supraphysiologische Mengen wirken sich negativ auf metabolische Parameter, Knochenstoffwechsel sowie Herz-Kreislauf-Risiko aus.
So fanden mehrere Studien eine erhöhte kardiovaskuläre Mortalität nebenniereninsuffizienter Patienten, die mit einer Übertherapie zusammenhängen könnte. Aktuell lautet die Empfehlung 15–25 mg Hydrocortison täglich, verteilt auf zwei bis drei Einnahmen (höchste Dosis morgens, letzte Gabe nachmittags). Bei sekundärer Fehlfunktion genügen oft geringere Tagesdosen. Treten im Verlauf Symptome einer Übersubstitution auf, muss nachjustiert werden. Laborparameter kann man sich an dieser Stelle sparen. Über eine Anpassung entscheiden Anamnese und Klinik, schreibt die Kollegin.
3. Ein akutes Defizit zwischen Glukokortikoidbedarf und -angebot mündet häufig in einer Nebennierenkrise (Addisonkrise). Kritisch wird es besonders in folgenden Situationen:
- Infekte (s. Kasten)
- invasive Interventionen und Operationen
- ausgeprägter psychischer Stress
Die Prävalenz bewegt sich zwischen 5,2 und 8,3 pro 100 Patientenjahren. Noch heute verlaufen 6 % der Krisen letal. Jeder Nebenniereninsuffiziente braucht deshalb einen Notfallausweis und/oder eine Notfallkarte.
Patienten bei Magen-Darm-Infekten in der Pflicht
„Sorge vor unerwünschten Wirkungen unbegründet“
Invasive Eingriffe erfordern eine passager erhöhte und parenterale Substitution. Bei Infekten oder erheblichem Stress sollte die zwei- bis vierfache Menge verabreicht werden, um potenziell lebensgefährliche Addisonkrisen abzuwenden. Die Sorge vor unerwünschten Steroidwirkungen bezeichnet Dr. Meyer als unbegründet. Auch eine verfrühte einmalige Gabe von 100 mg Hydrocortison oder entsprechend 25 mg Prednisolon schade dem Patienten nicht.Quelle: Meyer G. Endokrinologie Informationen Sonderheft 2018; 31-34
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