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Angriff aus den eigenen Reihen

Die chronisch fluktuierende Autoimmunhepatitis (AIH) tritt in jedem Alter auf. Besonders häufig manifestiert sie sich bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen sowie im fünften bis sechsten Lebensjahrzehnt. Nur ein Viertel der Patienten leidet initial an einer akuten Hepatitis. Wesentlich häufiger treten unspezifische Symptome wie Fatigue, Gewichtsverlust, abdominelle Beschwerden, Übelkeit, Juckreiz oder Ikterus auf. Bei etwa einem Drittel der Erkrankten besteht bereits zum Zeitpunkt des Nachweises eine Zirrhose. Oft liegen weitere Autoimmunerkrankungen vor, insbesondere eine
Hashimoto-Thyreoiditis, schreiben Laura Vogelbacher vom Universitätsklinikum Freiburg und Koautoren.
Die Diagnose sollte immer histologisch gesichert werden
Im Labor fallen meist erhöhte Transaminasen sowie eine Hypergammaglobulinämie und Autoantikörper (ANA, SMA, LKM, SLA/LP*) auf. Letztere sind allerdings nicht spezifisch für die Erkrankung. Die Diagnose sollte immer histologisch gesichert werden, die Biopsie ermöglicht außerdem eine Einschätzung der entzündlichen Aktivität und des Ausmaßes einer eventuell bereits vorhandenen Fibrose. Die ebenfalls obligate Abdomensonographie dient vor allem dem Ausschluss von Differenzialdiagnosen. Sie sollte mit einer Elastographie kombiniert werden, um den Fibrose- bzw. Zirrhosegrad zu ermitteln.
Das Therapieziel ist die Reduktion bzw. Beendigung der entzündlichen Aktivität. Angestrebt wird eine vollständige biochemische und histologische Remission mit einer Normalisierung von Transaminasen und IgG. Die Behandlung ist bei allen Patienten mit aktiver Inflammation indiziert. Auch im Stadium der fortgeschrittenen Fibrose und Zirrhose kann die Immunsuppression noch die Leberfunktion stabilisieren. Eine Ausnahme bilden ältere Patienten mit allenfalls geringen Symptomen, bei ihnen sollten Nutzen und Risiken der Medikation sorgfältig abgewogen werden.
Standard ist heute die Immunsuppression mit einem Steroid zur Induktion der Remission und mit Azathioprin zur Bewahrung des Erfolgs. In der Erhaltungstherapie wird die Steroiddosis nach Hinzunahme des Nitroimidazols langsam reduziert und Azathioprin aufdosiert. Als Glukokortikoide eignen sich Budesonid und Prednison bzw. Prednisolon. Dabei ist auf eine möglichst geringe kumulative Steroiddosis zu achten. Gleichzeitig sollte eine Beendigung der Therapie vor Erreichen einer Remission bzw. der Etablierung einer Dauertherapie wegen des Rezidivrisikos unbedingt vermieden werden.
Patienten ohne Zirrhose können alternativ mit Budesonid behandelt werden. Aufgrund des hohen First-Pass-Effekts (> 90 %) ist mit einem geringeren Nebenwirkungsrisiko zu rechnen. Bei mangelndem Erfolg raten die Autoren zu einem Wechsel auf Prednison bzw. Prednisolon. Wenn ein Patient gut auf Steroide anspricht, soll nach etwa zwei Wochen Azathioprin hinzugenommen werden, vorausgesetzt der Bilirubinwert liegt unter 6 mg/dl. Allerdings ist bei bis zur Hälfte der Behandelten mit Nebenwirkungen zu
rechnen, am häufigsten Übelkeit und leichte Leukopenien. Aber auch schwere Zytopenien, Hautmalignome und Lymphome können auftreten.
Bei unzureichender Wirkung oder mangelnder Verträglichkeit von Azathioprin wird ein Wechsel auf den meist gut tolerierten Azathioprin-Metaboliten 6-Mercaptopurin oder auf Mycophenolatmofetil (MMF) empfohlen.
Allerdings ist das teratogene MMF in der Schwangerschaft streng kontraindiziert. In Einzelfällen kann insbesondere bei leichterer Erkrankung und guter Knochendichte eventuell Prednison als niedrig dosierte Monotherapie (max. 10 mg/d) eingesetzt werden. Bei fehlendem Ansprechen auf die Standardtherapie mit Azathioprin sollten zunächst Diagnose, Komorbiditäten und Adhärenz überprüft werden. Eventuell hilft bereits eine Erhöhung der Azathioprin-Dosis. Alternativ kommen andere Präparate wie Mycophenolatmofetil in Betracht.
Nicht vergessen werden darf, dass Patienten mit Autoimmunhepatitis lebenslange Verlaufskontrollen benötigen, auch wenn sie eine stabile Remission erreicht haben. Die Therapie ist ebenfalls meist auf Dauer fortzuführen.
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SMA: Antikörper gegen glatte Muskulatur
LKM: Leber-Nieren-Mikrosomen-Antikörper
SLA: löslicher Leber-/Leber-Pankreas-Antigen-Antikörper
Quelle: Vogelbacher L et al. Dtsch Med Wochenschr 2022; 147: 470-480; DOi: 10.1055/a-1520-4214
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