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Anorexia nervosa - Drohen Narben im jungen Gehirn?
Je nach Untersuchung erkranken 24 bis 88 % der Patienten mit behandlungsbedürftiger Essstörung irgendwann in ihrem Leben an einer Depression. Neuere Daten weisen darauf hin, dass der „Verhungerungsprozess“ als solcher dabei eine nicht unwesentliche Rolle spielt.
Leptin ist für das zerebrale Belohnungssystem wichtig
So ist gezeigt worden, dass Patienten am Tiefpunkt ihrer Gewichtsentwicklungen die stärksten depressiven Symptome zeigen und sich die Gemütslage bei Gewichtszunahme ohne spezifische Therapie wieder bessert. Ein wichtiger Link könnte dabei die Leptinkonzentration sein, erklärte Professor Dr. Beate Herpertz-Dahlmann von der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie Aachen.
Man konnte nachweisen, dass steigende Leptinspiegel unabhängig von der Gewichtsentwicklung mit einem Rückgang der Depression verbunden sind. Ganz neu ist dabei die Erkenntnis, dass Leptin eine wichtige Rolle im „Belohnungssystem“ des Gehirns spielt.
Längeres Hungern setzt Schäden im Gehirn
In einer schwedischen Studie wiesen 18 Jahre nach einer Anorexia nervosa im Jugendalter 39 % der Patienten eine psychische Erkrankung auf und jeder vierte war aufgrund von psychischen Störungen arbeitslos. Bei 22 % waren affektive Störungen und bei 12 % persistierende Essstörungen nachweisbar. Die Lebenszeitprävalenz für affektive Störungen lag in dieser Untersuchung sogar bei 98 %, berichtete die Kollegin.
Solche Zahlen lassen den Verdacht aufkommen, dass der über längere Zeit andauernde Hungerzustand im pubertären Gehirn Schäden hinterlässt. Tatsächlich kommt es während der Starvation zu einer Abnahme an Hirnmasse, die bei „Auffütterung“ wieder zunimmt.
"Biologische" Narbe sorgt für erhöhte psychische Verletzlichkeit
Eine wichtige Rolle für die Hirnentwicklung spielen in der Pubertät die Sexualhormone, die bei Anorexia nervosa heruntergefahren sind. Auch dies führt zu Veränderungen vor allem in Hippocampus und Amygdala.
Es spricht also vieles für eine durch die Magersucht bedingte „biologische Narbe“ die zeitlebens mit höherer psychischer Vulnerabilität, höherem Risiko für Depressionen und möglicherweise auch kognitiven Einbußen einhergeht.
Um diese negativen Auswirkungen auf das gesamte weitere Leben so gering wie möglich zu halten, muss die rasche „Auffütterung“ mit Gewichtszunahme bei Anorexia nervosa immer als vorrangig angesehen werden, betonte Prof. Herpertz-Dahlmann.
Vortrag auf der 1. Statustagung mit internationaler Beteiligung zum Thema Depressive Störungen im Kindes- und Jugendalter in Berlin 2009
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