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Antiemetika machen beim Cannabinoid-Hyperemesis-Syndrom schlapp

Das 2004 erstmals beschriebene und mittlerweile als eigene Entität geführte Cannabinoid-Hyperemesis-Syndrom (CHS) ist bisher noch wenig bekannt. Es dürfte aber gar nicht so selten sein, schreiben Thomas von Hösslin und Kollegen vom Kantonsspital Nidwalden in Stans und verweisen auf zwei typische Fälle aus ihrer Praxis.
Die 23 bzw. 39 Jahre alten Männer stellten sich unabhängig voneinander mit seit Tagen bestehenden starken epigastrischen Schmerzen und rezidivierendem, nicht-blutigem Erbrechen vor. Der Allgemeinzustand war reduziert, das Epigastrum druckdolent, die Leukozytenzahl leicht erhöht. Beide Männer gaben einen langjährigen täglichen Cannabiskonsum an.
Norovirus und Vergiftung ausgeschlossen
Antiemetische Standardmedikamente wie Metoclopramid und Ondansetron blieben jeweils wirkungslos, Gastroskopie, CT, Stuhluntersuchungen und die Norovirus-PCR brachten keine zusätzlichen Erkenntnisse. Differenzialdiagnosen wie ein Prolaktinom sowie eine Bleivergiftung durch den langjährigen Cannabiskonsum konnten ebenfalls ausgeschlossen werden.
Kurzfristige Besserung brachten dagegen warme Bäder und Duschen – ein bei vielen CHS-Patienten beobachtetes Phänomen, das für die Entität pathognomonisch sein dürfte, erklären die Kollegen. Medikamentös ließen sich die Symptome schließlich mit Haloperidol-Tropfen und Lorazepam stoppen.
Cannabinoidrezeptoren im Magen hemmen die Motilität
Symptomfreiheit unter Cannabiskarenz und ein Wiederauftreten der Beschwerden bei einem der Patienten nach erneutem Konsum noch im Spital bestätigten den vermuteten Zusammenhang zwischen Emesis und dem inhalativen Hanfgebrauch. Aufgrund der blanden Diagnostik, der fehlenden Wirksamkeit von klassischen Antiemetika, den lindernden Effekten von warmen Bädern sowie des positiven Absetzversuchs erhielten die Cannabiskonsumenten die Diagnose CHS und wurden mit der Empfehlung zur Cannabisabstinenz beschwerdefrei entlassen.
Warum es unter langjährigem Cannabiskonsum zu wiederkehrendem, über Tage anhaltendem starkem Erbrechen kommt, ist bisher noch unklar. Normalerweise dämpft Cannabis Übelkeit und Erbrechen. Doch binden Tetrahydrocannabinol (THC) und andere Cannabinoide nicht nur an zentrale Cannabinoid-Rezeptoren vom Typ 1 (CB1). Auch im Gastrointestinaltrakt finden sich solche CB1-Rezeptoren.
Hier führt die Besetzung durch THC & Co. zu einer Motilitätshemmung und damit zu proemetischen Effekten, die normalerweise von den antiemetischen Cannabinoid-Effekten im ZNS antagonisiert werden. Bei prädisponierten chronischen Cannabiskonsumenten könnte allerdings die gastrointestinale Wirkung irgendwann überwiegen und dadurch Übelkeit und Erbrechen induzieren. Auch eine genetisch bedingte Veränderung des hepatischen Cannabinoid-Abbaus mit der Folge einer Akkumulation proemetischer Metaboliten wird diskutiert.
Quelle: von Hösslin T et al. Schweiz Med Forum 2018; 18: 489-491
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