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Antiinflammatorische Therapien für Mutationsträger denkbar
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CHIP bezeichnet das Vorliegen genetisch veränderter Blutzellklone bei Patienten, die sonst keine hämatoonkologischen Auffälligkeiten zeigen. Zugrunde liegen erworbene Mutationen der Stammzellen, die zu hämatologischen Neoplasien führen können, es bei den meisten Menschen aber nicht tun, erklärte Prof. Dr. Birgit Aßmus, Leiterin des Schwerpunkts Herzinsuffizienz am Universitätsklinikum Gießen.
Die Mutationen, die die klonale Hämatopoese unbestimmten Potenzials bedingen, entstehen unter dem Einfluss von Stressoren und bieten den betroffenen Zellen einen Überlebensvorteil im Knochenmark. Naturgemäß steigt die CHIP-Prävalenz mit dem Lebensalter. Die häufigsten Mutationen betreffen die Transkriptionsfaktoren DNMT3A und TET2. Je höher der Anteil ist, mit dem bestimmte mutierte Allele im Genom vorkommen (Allelfrequenz), desto höher fallen kardiovaskuläre und Gesamtmortalität bei altersassoziierter CHIP aus. Die Sterblichkeit bei onkologischen Erkrankungen bleibt jedoch unbeeinflusst.
Man erklärt sich den Zusammenhang mit kardiovaskulären Komplikationen dadurch, dass die Mutationen zu einer Überexpression proinflammatorischer Mediatoren führen, die atherothrombotische Prozesse fördern. Bekannte Risikofaktoren wie Rauchen, Adipositas, Diabetes und Hypercholesterinämie spielen bei der Entstehung von CHIP eine Verstärkerrolle.
Besonderes Interesse gilt CHIP im Kontext der chronischen Herzinsuffizienz (CHF). Prof. Aßmus’ Arbeitsgruppe hat 200 Postinfarktpatienten mit stabiler Herzschwäche untersucht und konnte zeigen, dass CHIP bei ihnen signifikant häufiger vorkommt als in der Allgemeinbevölkerung, wobei die Diskrepanz mit steigendem Lebensalter und höherer Allelfrequenz zunahm. Mehrere Arbeitsgruppen haben diese Resultate inzwischen für die CHF ischämischer und nicht-ischämischer Genese sowie für dilatative Kardiomyopathien bestätigt.
In Studien an CHF-Patienten mit DNMT3A-Mutation wurde eine verstärkte Aktivierung zirkulierender Monozyten und T-Zellen sowie eine gesteigerte Produktion von proinflammatorischen Zytokinen und deren Rezeptoren festgestellt. Im Tierversuch ließ sich zeigen, dass die pharmakologische Inhibition des NLRP3-Inflammasoms das mit der TET2-Mutation assoziierte Postinfarktremodelling rückgängig machen und die linkventrikuläre Funktion verbessern kann.
„DNMT3A- und TET2-Mutationen sind unabhängige Risikofaktoren für Progression und Tod durch CHF, zusätzlich zur Atherosklerose“, resümierte Prof. Aßmus. „Künftige Studien sollten prüfen, ob eine gezielte antiinflammatorische Therapie eine sinnvolle Strategie für Träger von CHIP-Treibermutationen darstellt.“ Kandidaten für eine solche Therapie wären beispielsweise der Anti-IL-1β-Antikörper Canakinumab oder Colchizin. Kritisch sieht Prof. Aßmus dagegen die Chance, auf Knochenmarksebene antiproliferativ einzugreifen.
Ein wichtiges Anliegen ist die gute Zusammenarbeit mit den Hämatologen, die häufig Patienten entdecken, die zwar keine hämatologische Neoplasie haben, aber eine oder mehrere „kardiologisch interessante Mutationen“. In Gießen kommen solche Patienten zu Prof. Aßmus, werden kardiologisch durchgecheckt, präventivmedikamentös optimal eingestellt und als Risikokollektiv weiter beobachtet.
Quelle: 88. Jahrestagung der DGK
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