Antikoagulation: Was tun nach OAK-assoziierter Hirnblutung?

Dr. med. Andrea Wülker, Foto: thinkstock

Intrazerebrale Blutungen sind die am meisten gefürchtete Komplikation der oralen Antikoagulation (OAK). Welche Maßnahmen sollten im Akutstadium ergriffen werden?

Obwohl orale Antikoagulanzien immer häufiger verordnet werden, gab es bisher nicht viele Daten zum Management OAK-assoziierter Hirnblutungen. Wie wirkt es sich aus, wenn man in der Akuttherapie die Blutgerinnung normalisiert und den systolischen Blutdruck absenkt?


Und wenn der Patient die Blutung überstanden hat, sollte man ihn dann erneut oral antikoagulieren? Diesen Fragen ging das Forscherteam um Dr. Joji B. Kuramatsu von der Neurologischen Klinik des Universitätsklinikums Erlangen nach. An ihrer retrospektiven Kohortenstudie waren 19 deutsche Universitätskliniken und Krankenhäuser der Maximalversorgung beteiligt.


Studienteilnehmer waren Patienten, die unter der Therapie mit einem Vitamin-K-Antagonisten eine spontane Hirnblutung entwickelt hatten und deren INR bei Klinikaufnahme über 1,5 lag. Zum „funktionellen Langzeitergebnis“ gab es brauchbare Daten von 1176  Patienten. Die Hämatomvergrößerung konnte bei 853 Teilnehmern beurteilt werden und anhand der Daten von 719 Patienten ließen sich die Konsequenzen einer Wiederaufnahme der OAK abschätzen.

Blutverdünnung innerhalb von vier Stunden neutralisieren!

Etwa jeder dritte Patient (36 %) hatte Nachblutungen (Hämatomvergrößerung!). Wenn die Blutverdünnung innerhalb von vier Stunden nach Klinikaufnahme rigoros neutralisiert wurde (INR-Werte < 1,3), sank die Nachblutungsrate auf unter 20 %. Dieser Effekt ließ sich zusätzlich durch Absenkung des systolischen Blutdruckwerts innerhalb von vier Stunden auf < 160 mmHg steigern – auch die „Klinikmortalität“ dieser Patienten war geringer.


Im zweiten Schritt verglichen die Kollegen Patienten, die erneut eine orale Antikoagulation erhielten, mit einer Kontrollgruppe ohne OAK. Ischämische Ereignisse traten bei rund 5 % der OAK-Patienten auf und bei 15 % der Teilnehmer ohne OAK. Hinsichtlich hämorrhagischer Komplikationen unterschieden sich die Gruppen nicht signifikant. Das funktionelle Langzeitergebnis muss bei 786 von 1083 Patienten (72,6 %) als ungünstig eingestuft werden.


Somit ließ sich das Ausmaß der Hirnblutungen durch die Studieninterventionen begrenzen: Die Aufhebung der medikamentösen Blutverdünnung (INR < 1,3) und die Senkung des systolischen Blutdrucks < 160 mmHg innerhalb von vier Stunden gingen mit einer geringeren Rate an Hämatomvergrößerungen einher. Die Wiederaufnahme der oralen Antikoagulation nach dem akuten Ereignis senkte wie­derum das Risiko für ischämische Ereignisse. Nun fordern Experten prospektive Studien, um diese Ergebnisse zu überprüfen.


Quelle: J. B. Kuramatsu et al., JAMA 2015; 313: 824-836

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