Dauerhafte Antikoagulation könnte vielen Frauen erspart bleiben

Dr. Angela Speth

Gerinnungshemmer nach venöser Thromboembolie sicher absetzen? Risikoscore HERDOO2 hilft bei der Entscheidung. Gerinnungshemmer nach venöser Thromboembolie sicher absetzen? Risikoscore HERDOO2 hilft bei der Entscheidung. © fotolia/psdesign1

Nach einer venösen Thromboembolie bei Frauen kann man sich offenbar auf einen Risikoscore verlassen. Liegt nur eines von vier Kriterien vor, ist es vertretbar, auf eine lebenslange Gerinnungshemmung zu verzichten.

Den bisherigen US-amerikanischen und europäischen Leitlinien zufolge sollen Patientinnen nach einer unprovozierten venösen Thromboembolie (VTE) zur Rezidivprophylaxe dauerhaft ein Antikoagulans einnehmen – außer bei erhöhter Blutungsgefahr. Da jedoch die Evidenz dieser Empfehlung nur schwach ist, prüften Professor Dr. Marc A. Rodger von der Universität Ottawa und Kollegen sie in einer Multicenterstudie.

Therapie nach fünf bis zwölf Monaten beendet

Sie klassifizierten 2779 Teilnehmer im mittleren Alter von ca. 54 Jahren in sieben Ländern gemäß dem sogenannten HERDOO2-Score. Der Score umfasst vier Kategorien, die das VTE-Rezidiv-Risiko bei Frauen beeinflussen. Auf Männer ist er nicht anwendbar. Sind zwei der folgenden vier Punkte erfüllt, liegt ein hohes Risiko vor:

  • Hyperpigmentation, Ödem (Edema) oder Rötung in einem Bein
  • D-Dimer ≥ 250 µg/l unter Antikoagulation
  • Adipositas (Obesity) mit einem BMI ≥ 30 kg/m²
  • Alter ≥ 65 Jahre (Older than)

Alle Patienten hatten nach einer idiopathischen VTE bereits fünf bis zwölf Monate eine Gerinnungshemmung erhalten. Durch telefonische oder persönliche Konsultationen ein Jahr nach Studienbeginn ermittelten die Forscher die Rückfallrate. 2747 Personen gingen in die Analyse ein.

In die Hochrisikogruppe fielen 2125 Teilnehmer (Frauen gemäß HERDOO2 und alle Männer). 1802 setzten die Antikoagulation fort und hatten ein 1,6%iges Risiko, ein Rezidiv zu bekommen. Bei 323 Personen wurde die Therapie beendet – das Rezidivrisiko lag bei 8,1 %.

Rezidivrisiko sollte unter 5 % im Jahr liegen

Anders bei den Niedrigrisikopatientinnen. 591 Frauen setzten die Medikation ab, in 3 % der Fälle kam es zu einer erneuten Embolie. Vor der Menopause lag das Risiko mit 1,4 % deutlich niedriger als nach der Menopause (5,7 %.) Kein Rezidiv ereignete sich bei Frauen mit einem Score von 0 oder 1, die die Antikoagulation fortsetzten.

Die International Society on Thrombosis and Haemostasis befindet ein Therapieende dann als sicher, wenn das Rezidivrisiko im darauffolgenden Jahr unter 5 % liegt. Diese Bedingung sei bei den Frauen erfüllt, die nach HERDOO2 als risikoarm eingestuft wurden, erläutern die Autoren. Daher ihr Fazit: Bei dieser Patientengruppe befänden sich Ärzte durchaus auf der sicheren Seite, wenn sie nach der temporären Antikoagulation die Behandlung aussetzten.

Quelle: Rodger MA et al. BMJ 2017; 356: j1065

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