Argumente für SBRT Co. bei Diagnose

WCLC 2024 Dr. Moyo Grebbin

Frühe lokale Eingriffe bei oligometastatischem NSCLC könnten die Tumorlast senken und Systemtherapien verstärken. Frühe lokale Eingriffe bei oligometastatischem NSCLC könnten die Tumorlast senken und Systemtherapien verstärken. © appledesign – stock.adobe.com

Sofort die Tumorlast verringern, um aus der Erstlinie das Beste herauszuholen? Oder lieber später progressive Bereiche gezielt adressieren? Ein Experte erläuterte, was lokale Interventionen früh nach Diagnose eines oligometastatischen NSCLC leisten können, und ob sich Synergien mit Systemtherapien nutzen lassen.

Dass selbst eine rein lokale Therapie zum Zeitpunkt der Diagnose eines oligometastatischen NSCLC in einem guten Behandlungserfolg resultieren kann, verdeutlichte Prof. Dr. Kevin Chua vom National Cancer Centre Singapore zunächst anhand eines Fallbeispiels (s. Kasten). „Selbstverständlich plädiere ich nicht dafür, dass Personen mit EGFR-mutiertem oligometastatischem NSCLC keine TKI erhalten sollten“, betonte der Referent. Der Fall illustriere jedoch gut, welch großes Potenzial zur Krankheitskontrolle auch von lokalen Interventionen ausgehen könne. 

Fallbeispiel: Was lokale Therapien leisten können

Der fitte 73-jährige Mann, der nie geraucht hatte, kam eigentlich aufgrund eines Verkehrsunfalls in die Klinik. Bei der Anamnese stellte sich heraus, dass er seit einem Monat an zunehmenden Kopfschmerzen litt. Im MRT zeigten sich eine große Hirnmetastase und ein kleiner Primarius in der Lunge. Der Patient unterzog sich einer Kraniotomie und Resektion der Gehirnmetastase, die sich als Adenokarzinom mit EGFR-Mutation (Exon-19-Deletion) herausstellte. Anschließend erhielt er eine stereotaktische Radiochirurgie, bei die Kavität mit 30 Gy in fünf Fraktionen bestrahlt wurde. Die Lungenläsion wurde ebenfalls stereotaktisch bestrahlt (50 Gy in fünf Fraktionen). Aus persönlichen und finanziellen Gründen lehnte der Patient eine zielgerichtete Systemtherapie ab. Fünfeinhalb Jahre später ist er bisher frei von Rezidiven.

Der Radioonkologe erklärte, er werde sich auf die mögliche Rolle der lokalen Therapien bei der synchronen Oligometastasierung zum Zeitpunkt der Diagnose und die „Oligopersistenz“ nach einem systemischen Lead-in fokussieren. Viele der vorliegenden Daten beträfen allerdings den „induziert“ oligometastatischen Zustand, der durch ein gutes Therapieansprechen nach polymetastatischer Erkrankung erreicht wird.

Für die onkogengetriebenen NSCLC liege Evidenz aus der Phase-3-Studie SINDAS vor. Darin kam eine Kombination aus Erstgenerations-TKI mit stereotaktischer Bestrahlung (SBRT) zum Einsatz. Durch Hinzunahme der Radiatio verlängerte sich das mPFS gegenüber der TKI-Monotherapie von 12,5 Monaten auf 20,2 Monate, das OS von median 17,4 Monaten auf 25,5 Monate (p < 0,001). Zur Frage, ob sich Ähnliches auch auf Drittgenerations-TKI übertragen lässt, gibt es ebenfalls neue Daten – wenn auch aus dem induziert oligometastatischen Setting. Sogar in dieser Population mit oligoresidualer Erkrankung konnten mithilfe ablativer Techniken PFS- und OS-Ergebnisse erzielt werden, die gegenüber älteren Studiendaten deutlich vorteilhaft ausfielen. Das mPFS verlängerte sich von knapp 20 Monaten auf gut 30 Monate. Das mediane OS lag bei 45 Monaten, in FLAURA waren es nur 38,6 Monate gewesen. 

Doch wie steht es um die Sicherheit? In der zweiten Studie kam es unter zusätzlicher lokaler Therapie bei 2 % der Teilnehmenden zu einer Grad ≥ 3 Pneumonitis. In der Studie NORTHSTAR musste wiederum die Mehrheit der Betroffenen ihre Osimertinibtherapie nicht unterbrechen. Der Anteil niedriggradiger Pneumonitiden sei zwar bei kombinierter Behandlung gestiegen (10,2 % vs. 3,2 %), nicht jedoch die hochgradige Ausprägung (Grad 3: 1,7 % vs. 3,2 %). 

Immuntherapie bei NSCLC-Kombinationen

Für das nicht-onkogengetriebene NSCLC erschien 2019 eine Arbeit, bei der die stereotaktische Bestrahlung einer Erhaltung mit Pembrolizumab voranging. Auch hier verbesserte sich das PFS signifikant gegenüber historischen Daten (19,1 Monate vs. 6,6 Monate; p = 0,005). „Ich sehe definitiv eine Rolle und eine Rationale dafür, lokale, konsolidierende Therapien in Kombination mit Immuntherapien einzusetzen“, kommentierte der Referent. Auch gebe es Hinweise darauf, dass Krebspatient:innen mit geringerer Tumorlast besser von einer Immuntherapie profitieren könnten – was ebenfalls für die maximale Zytoreduktion spreche. 

Diese Position vertritt Prof. Chua weiterhin, auch wenn in diesem Jahr Daten aus der Phase-2/3-Studie LU002 enttäuschten. Dort wirkte sich eine zusätzliche SBRT zur systemischen Erhaltung im induziert oligometastasierten Stadium nicht positiv auf das Gesamtüberleben aus, obwohl das PFS tendenziell länger ausfiel. Auf dem Kongress vorgestellte Zwischenergebnisse der Phase-2-Arbeit BOOSTER belegen andererseits – ebenfalls im induziert oligometastatischen Setting – signifikante Vorteile durch perkutane Ablationstechniken. Nicht nur vervierfachte sich die Dauer des PFS beinahe, auch das Zwei-Jahres-OS verbesserte sich mit 95 % gegenüber 56 % sehr deutlich (p = 0,032). 

Der entscheidende Punkt, um mit lokalen Herangehensweisen Erfolge zu erzielen, besteht dem Experten zufolge in einer guten Selektion der Patient:innen. In dieses Bild passe auch eine prospektive Observationsstudie, in der Erkrankte, welche einen negativen ctDNA-Status erreichten, signifikant mehr von lokalen Therapien profitierten. Als Fazit fasste Prof. Chua zusammen:

  • Im Setting der neu diagnostizierten Oligometastasierung ist die Evidenz, die für den Einsatz lokaler Methoden spricht, im Bereich der onkogengetriebenen NSCLC stärker.
  • Für die nicht-onkogengetriebenen NSCLC kristallisieren sich Kombinationen mit einer Immuntherapie als sinnvoll heraus, aber die Patient:innenselektion muss noch besser werden.
  • Noch unklar ist zudem das optimale Timing der lokalen Verfahren: Als Einstieg oder nach systemischer Lead-in-Periode.    

Quelle:
Chua K. IASLC 2024 World Conference on Lung Cancer; Vortrag „The Case for Local Therapy at the Time of Diagnosis for Oligometastatic NSCLC“

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