Aus der Zeit gefallen

Manuela Arand

Die internationalen Leitlinien haben aus den Studien die Konsequenz gezogen und empfehlen eine risikoadaptierte LDL-Reduktion. Die internationalen Leitlinien haben aus den Studien die Konsequenz gezogen und empfehlen eine risikoadaptierte LDL-Reduktion. © iStock/Naeblys

Eine fixe Statintherapie für definierte Patientengruppen – dieses Konzept ist nicht totzukriegen. Dabei spricht die Evidenz klar dagegen. Mit jedem mg/dl LDL-Senkung sinkt das kardiovaskuläre Risiko.

Im Jahr 2013 verabschiedeten sich die US-Kardiologen von den LDL-Zielwerten und verkündeten die Fire-&-Forget-Strategie, die je nach Ausgangsrisiko entweder ein potentes Hoch- oder Niedrigdosis-Statin vorsieht. Europäische Kollegen gaben schon damals am Risiko orientierte Zielwerte bis unter 70 mg/dl für besonders gefährdete Patienten vor, erinnerte Professor Dr. Nikolaus Marx, Uniklinik RWTH Aachen.

Der Referent erläuterte die Diskrepanz an einem Beispiel: Ein Postinfarktpatient mit einem LDL von 150 mg/dl erreicht mit Atorvastatin in hoher Dosis einen Wert von 75 mg/dl. Nach Fire & Forget wäre damit alles gut. „Aber überlegen Sie: Wenn Sie das LDL noch weiter senken, hat der Patient davon einen Benefit?“, so Prof. Marx. Kardiovaskuläre Endpunktstudien – ob mit Statinen, Ezetimib oder PCSK9-Inhibitoren gemacht – beantworten diese Frage eindeutig mit Ja.

Die Therapie ans individuelle Risiko anpassen

Pro mg/dl LDL-Senkung kommt eine signifikante Risikoreduktion um etwa 20 % zustande, unabhängig von Ausgangswert und eingesetztem Wirkstoff. Die Spanne des zu erwartenden LDL-Abfalls reicht von etwa 30 % mit einem Statin in moderater Dosierung bis 85 % mit der Kombination Hochdosisstatin, Ezetimib plus PCSK9-Inhibitor.

Die internationalen Leitlinien haben aus diesen Studien die Konsequenz gezogen und empfehlen eine risikoadaptierte LDL-Reduktion. Bei den Europäern heißt das „unter 55 mg/dl, aber mindestens 50 % LDL-Senkung“ für Patienten in der höchsten Risikokategorie.

Auch die Amerikaner haben sich umbesonnen. Sie halten nun die Dreierkombination mit einem PCSK9-Hemmer für erwägenswert bei Hochrisikopatienten, die unter Statin plus Ezetimib die 70 mg-Schwelle nicht unterschreiten. „Die US-Kollegen sagen heute: Messt den Wert, guckt, wo ihr steht, und intensiviert diese Therapie, weil sich diese Intensivierung in einer Reduktion kardiovaskulärer Morbidität und Mortalität niederschlägt“, konstatierte Prof. Marx.

Der Kollege hielt fest: „Fire & Forget ist ganz klar nicht mehr zeitgemäß.“ Wie das kleine gallische Dorf sperrt sich allerdings die KHK-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin bisher dagegen, das Konzept fallenzulassen. Die Diskussionen, die sich DGK und DGAM bei der Entwicklung der Nationalen VersorgungsLeitlinie liefern, „sind definitiv nicht vergnügungssteuerpflichtig“, berichtete Prof. Marx. Hinter der Haltung des Hausärzteverbands steht sicher zum Teil die Praxiserfahrung mit Patienten, die nach der ersten Stentimplantation über Jahre stabil laufen, ohne dass ihr LDL auf Zielwert liegt. Auch ihnen sollte der Kardiologe aber vermitteln, was die Evidenz besagt, und vorschlagen, die Therapie zu intensivieren.

Quelle: DGK* Herztage 2021 (*Deutsche Gesellschaft für Kardiologie)

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Die internationalen Leitlinien haben aus den Studien die Konsequenz gezogen und empfehlen eine risikoadaptierte LDL-Reduktion. Die internationalen Leitlinien haben aus den Studien die Konsequenz gezogen und empfehlen eine risikoadaptierte LDL-Reduktion. © iStock/Naeblys