Bei Aortenstenose und morbider Adipositas hat das Vitium Vorrang

ESC 2024 Dr. Anja Braunwarth

Die Frau bekam eine TAVI, danach verlor sie direkt 10 kg an Gewicht. Die Frau bekam eine TAVI, danach verlor sie direkt 10 kg an Gewicht. © ฺฺฺBoonterm - stock.adobe.com

Krankhaftes Übergewicht plus schwere Aortenstenose: Was soll man zuerst angehen? Eine spanische Kollegin plädiert klar für die Herzklappe.

Dr. Ana Belén Cid Alvarez von der Universitätsklinik in Santiago de Compostela präsentierte den Fall eines Mittfünfzigers mit einem BMI von 65,9 kg/m2. Er litt an obstruktiver Schlafapnoe, Arthrose und Depressionen. Nach bariatrischem Eingriff konnte er seinen BMI binnen zwei Jahren auf 44 kg/m2 reduzieren.

Abwarten und Gewicht reduzieren

Trotzdem blieb er durch die Arthrose stark eingeschränkt und nun fiel auch ein Systolikum auf. Das NT-proBNP war mit 1.800 pg/ml deutlich erhöht, der Blutdruck lag bei 150/90 mmHg. Im Echo sah man eine schwere Aortenstenose mit einem mittleren transvalvulären Gradienten von 62 mmHg. Die LVEF lag bei 63 %. Klinisch war der Mann unauffällig. Man entschloss sich abzuwarten, und den Patienten weiter Gewicht reduzieren zu lassen. 

Doch ein Jahr später wurde er mit einer akuten Herzinsuffizienz und Pleuraerguss aufgenommen. In den drei Wochen davor hatte er unter Atemnot gelitten und 5 kg an Gewicht zugenommen. Das NT-proBNP lag nun bei 4.200 pg/ml, die LVEF war auf 30 % gefallen. Jetzt stand fest: Der Mann braucht eine neue Klappe. Das warf aber die nächste Frage auf: TAVI oder OP? Klinische Studien dazu gibt es nicht, aber jüngere Registerdaten zeigen, dass die TAVI bei Menschen mit morbider Adipositas Vorteile bietet, da sie bei gleicher mittelfristiger Prognose mit weniger Komplikationen einhergeht. Der Patient erhielt die TAVI, danach fiel das NT-proBNP auf 39 pg/ml, die LVEF stieg auf 60 %. 

Als zweiten Fall stellte Dr. Belén Cid Alvarez eine 73-jährige Frau mit einem BMI von 56 kg/m2 und akuter Herzinsuffizienz vor. Sie pflegte einen sitzenden Lebensstil und wies einige Komorbiditäten auf: Diabetes, Hypertonie, Hyperlipidämie, Asthma, Hypothyreose und eine chronische Niereninsuffizienz (GFR 40 – 45 ml/min/1,73 m2). Sie litt seit etwa zwei Wochen unter Belastungsdyspnoe und gelegentlichen thorakalen Schmerzepisoden. Die Untersuchung zeigte einen Pleuraerguss, das EKG ein Vorhofflimmern, man hörte ein Systolikum über der Aorta und das NT-proBNP lag bei 6.100 pg/ml. Im Echo ließ sich eine schwere Aortenstenose mit einem mittleren transvalvulären Gradienten von 45 mmHg erkennen, die LVEF betrug 50 %.

Das Herzteam diskutierte nun darüber, ob die Frau erst eine neue Klappe erhalten oder erst ihr Gewicht reduzieren sollte. Auch dazu liegen keine klinischen Studien vor. Aber eine Analyse ergab, dass die präoperative Gewichtsreduktion Adipösen keinen prognostischen Vorteil nach TAVI bietet. Und in einer Untersuchung im eigenen Haus hatte das Team die TAVI bei Menschen mit BMI < 40 kg/m2 vs. solchen mit BMI > 40 kg/m2 verglichen. Es fand keinen Unterschied bezüglich Erfolgsaussichten, Komplikationen und Prognose. Die Frau bekam also erst eine TAVI, danach verlor sie direkt 10 kg an Gewicht und konnte ihre Aktivitäten deutlich steigern. 

Dr. Belén Cid Alvarez sprach sich klar dafür aus, bei krankhafter Adipositas und schwerer Aortenstenose erst das Vitium mittels TAVI zu versorgen. Denn dieses Vorgehen ist nicht nur machbar und sicher, es bewahrt die Betroffenen auch vor schweren Komplikationen. Hinzu kommt, dass es mit einer schweren symptomatischen Aortenstenose schwerfällt abzunehmen.

Quelle: ESC* Congress 2024 

* European Society of Cadiology

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Die Frau bekam eine TAVI, danach verlor sie direkt 10 kg an Gewicht. Die Frau bekam eine TAVI, danach verlor sie direkt 10 kg an Gewicht. © ฺฺฺBoonterm - stock.adobe.com