Bei CKD sollte man verschiedene nephroprotektive Strategien individuell kombinieren

Dr. Nils Bröckelmann

Eine Progression zu einem höheren Stadium der CKD kann mit modernen Medikamenten verhindert werden. Eine Progression zu einem höheren Stadium der CKD kann mit modernen Medikamenten verhindert werden. © Science Photo Library/ Anatomical Travelogue

Immer mehr Medikamente sind für die Therapie chronischer Nierenerkrankungen zugelassen. Für den Nutzen der Behandlung spielen auch die engen Zusammenhänge zwischen der Niereninsuffizienz und kardiovaskulären Risikofaktoren eine wichtige Rolle.

Die Therapie einer chronischen Nierenerkrankung (CKD, Definition s. Kasten) ruht auf zwei Säulen. Zum einen muss – falls bekannt – die der Erkrankung zugrunde liegende Ursache behandelt werden. Zum anderen gilt es, die Risikofaktoren für eine Progression und weitere, mit der CKD verbundene Komplikationen zu bekämpfen, schreiben Dr. ­Teresa ­Chen von der Universität San Francisco und Kollegen. 

Auf Blutdruck und Zuckerwerte achten

Da die CKD besonders häufig mit einer Hypertonie und/oder einem Diabetes assoziiert ist, liegt bei ihrem Management ein besonderes Augenmerk auf der Optimierung von Blutdruck und Blutzucker.  Zwar führte eine ambitionierte Blutdrucksenkung in zwei großen Studien nicht zu einer Verbesserung der renalen Outcomes. Allerdings fand man eine Reduktion kardio­vaskulärer Ereignisse wie Myokardinfarkt oder Herzinsuffizienz. In einer weiteren Studie wurde bei Patienten mit einer Proteinurie ≥ 3 g/d das Fortschreiten der Niereninsuffizienz verlangsamt. Eine intensive Blutzuckerkontrolle konnte bei Patienten mit Diabetes und CKD das Risiko für die Entwicklung einer Albumin­urie und ein terminales Nierenversagen im Vergleich zur Standard-BZ-Kontrolle deutlich senken.

Bei der antihypertensiven Therapie von CKD-Patienten haben RAAS-Inhibitoren die Nase vorn. Denn sowohl ACE-Hemmer als auch Angiotensin-Rezeptor-Blocker können die Progression einer CKD bremsen. Vermutet werden substanzspezifische nephroprotektive Effekte unabhängig von der Blutdrucksenkung, die v.a. bei Diabetespatienten zum Tragen kommen. Auch bei stärker eingeschränkter GFR < 30 ml/min/1,73 m2 gibt es Hinweise auf Vorteile durch RAAS-Inhibitoren, die gegen das Absetzen der Therapie auch bei fortgeschrittener CKD sprechen.  

SGLT2-Inhibitoren mildern die Progression der CKD ab

Als einen der größten Fortschritte in der CKD-Behandlung sehen die Autoren die Einführung der SGLT2-Inhibitoren. Diese Substanzen wirken direkt am proximalen Tubulus, wo sie die Rückresorption von Glukose und Natrium blockieren. Mehreren Studien zufolge verlangsamen SGLT2-Inhibitoren bei Patienten mit und ohne Diabetes das Fortschreiten einer Nierenerkrankung, wobei der Effekt additiv zum Effekt einer Renin-Angiotensin-Blockade ist. Zum Thema Sicherheit fassen die Autoren zusammen, dass neuere große Studien ein erhöhtes Risiko für schwere Harnwegsinfektionen unter SGLT2-Inhibitoren nicht bestätigen, mitunter war aber die Rate milder Genitalinfektionen erhöht. 

Auch GLP1-Rezeptor-Agonisten wie Dulaglutid oder Semaglutid scheinen positive Effekte auf die Nierenfunktion von Patienten mit Typ-2-Diabetes zu haben. So verlangsamen sie eine Verschlechterung der GFR und reduzieren die Albuminurie. Einflüsse auf die Mortalität ließen sich bisher allerdings nicht nachweisen. Die nierenschützenden Mechanismen sind noch unklar, Experten vermuten ein Zusammenspiel von verbesserter glykämischer Kontrolle, Gewichtsverlust, verstärkter Natriurese und einer Reduktion von Inflammation und oxidativem Stress. 

Spironolacton und Eplerenon können eine Albuminurie verringern und gelten ebenfalls als nephroprotektiv. Noch selektiver als diese beiden Mineralokortikoide wirkt Finerenon am Mineralo­kortikoidrezeptor – mit zudem günstigerem Nebenwirkungsprofil. Den Kaliumspiegel im Auge behalten muss man allerdings bei Finerenon, betonen die Autoren. Zugelassen ist dieser Wirkstoff für erwachsene Patienten mit Typ-2-Diabetes und CKD 3 und 4. Aktuell wird er auch für Nicht-Diabetiker evaluiert.

Definition der chronischen Nierenerkrankung

Eine CKD liegt vor, wenn für mindestens drei Monate eines der folgenden Kriterien erfüllt ist:

  • GFR < 60 ml/min/1,73 m2
  • Albuminurie (d.h. Albumin- ausscheidung > 30 mg/d oder Albumin-Kreatinin-Ratio > 30 mg/g)
  • pathologisches Urinsediment
  • pathologische Histologie oder Bildgebung
  • Zustand nach Nierentransplantation

Patienten mit CKD profitieren zudem von allen Strategien, die das kardiovaskuläre Risiko senken. Dazu gehört insbesondere die Therapie einer Hyperlipidämie. Einige Leitlinien (z.B. die des NICE*) empfehlen eine Statintherapie sogar unabhängig vom Cholesterinspiegel. Für Patienten mit besonders hohem kardiovaskulären Risiko raten die Autoren zur zusätzlichen Gabe des PCSK9**-Antikörpers Evolocumab.

Ebenso ratsam für CKD-Patienten ist eine gesunde, vornehmlich pflanzenbasierte Ernährung, welche die Rate an kardiovaskulären Ereignissen in Kohortenstudien senkte. Ob auch das Fortschreiten der Niereninsuffizienz verlangsamt wird, ist noch offen – auf dieses Outcome waren die entsprechenden Studien nicht ausgelegt. Für die traditionelle Empfehlung, die Proteinzufuhr bei Nierenfunktionseinschränkungen zu drosseln, gibt es wenige Belege aus klinischen Studien. Allerdings sollen tierische Proteine generell eher ungünstiger sein als pflanzliche. Positive Effekte vermutet man dagegen durch die Verwendung von Kaliumchlorid-Salz bzw. eine kaliumreiche Ernährung. Es gibt auch immer mehr Hinweise darauf, dass Ballaststoffe das Fortschreiten einer CKD aufhalten können – und zwar indem sie das Darmmikrobiom verbessern und die systemische Entzündung verringern.

Vorsicht bei der Einnahme bestimmter Medikamente

Bewegung und Gewichtskontrolle sind für CKD-Patienten ebenfalls essenziell: Die Reduktion von Übergewicht kann die Progression einer Niereninsuffizienz verlangsamen. Und körperliches Training verbessert sowohl die kardiorespiratorische Fitness und als auch die Lebensqualität. Vorsicht geboten ist bei der Einnahme von bestimmten Medikamenten, warnen die Autoren. So müssen beispielsweise Antibiotika, NOAK und Chemotherapeutika in ihrer Dosis an die jeweilige GFR angepasst werden. Andere Substanzen gefährden wiederum die Niere und sind deshalb möglichst zu meiden: Dazu gehören NSAR und Protonenpumpenhemmer

 *     National Institute for Health and Care Excellence (Vereinigtes Königreich)
**    Proproteinkonvertase Subtilisin/Kexin Typ 9

Quelle: Chen TK et al. BMJ 2023; 383: 074216; DOI: 10.1136/bmj-2022-074216

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