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Bei Divertikulitis nicht gleich zum Antibiotikum greifen!
Akuter Unterbauchschmerz mit dem Bild der „linksseitigen Appendizitis“ – das lässt sofort an eine Sigma-Divertikulitis denken. Bewegung verstärkt die andauernden oder kolikartigen Schmerzen, Palpation ruft eine lokale Abwehrspannung hervor, Anziehen der Oberschenkel führt zur Entlastung. Begleitet werden können die Schmerzen von gastrointestinalen Symptomen wie Übelkeit und Erbrechen, Obstipation oder Diarrhö sowie Dysurie und Pollakisurie. Frauen klagen manchmal auch über Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, was die eigentliche gastroenterologische Ursache maskieren kann. Entzündungsparameter wie CRP und Leukozyten sind erhöht.
CED, Zystitis und gynäkologische Erkrankungen ausschließen
Zunächst stehen palpatorisch meist gut lokalisierte Schmerzen im linken Unterbauch im Vordergrund, schreiben Professor Dr. Dr. Bernhard Lembcke, Medizinische Klinik des St. Barbara Hospitals in Gladbeck, und Professor Dr. Wolfgang Kruis, Klinik für Gastroenterologie, Pulmologie und allgemeine Innere Medizin am Evangelischen Krankenhaus in Köln.
Je größer die Ausdehnung des entzündeten Segments, desto weniger umschrieben sind die Schmerzen. Hier ist rasches Handeln angesagt, um der Entwicklung von peritonitischer und schließlich septischer Symptomatik zuvorzukommen. Andererseits sollten bei schlecht lokalisierbaren Schmerzen verstärkt auch Differenzialdiagnosen erwogen werden. Dazu gehören:
- entzündliche Erkrankungen des Intestinaltrakts (Colitiden, Enteritiden, M. Crohn, C. ulcerosa)
- nicht entzündliche intestinale Krankheiten (Reizdarm, Hernien oder Volvulus, Karzinom, etc.)
- Urogenitale oder gynäkologische Erkrankungen, wie Nephrolithiasis, Prostatitis, Zystitis, Adnexitis oder Endometriose
- vaskuläre Erkrankungen (z.B. Dissektion) oder Bauchwandprozesse (Hämatom, Abszess)
In der Diagnostik ist die Sonographie als Schnittbildverfahren ebenso gut wie die CT. Lediglich bei tiefer liegenden Abszessen im kleinen Becken oder weit mesenterial gelegenen Komplikationen bietet die Computertomographie Vorteile. Eine Koloskopie ist für die Diagnose der akuten Divertikelkrankheit allerdings nicht sinnvoll, betonen die Autoren. Bei Patienten über 55 Jahren spricht nichts gegen die Empfehlung einer Koloskopie (als Vorsorgemaßnahme) sechs Wochen nach der Darmentzündung.
Bildgebung der Wahl ist die Sonografie
In unkomplizierten Fällen mit eher milder Symptomatik stehen die konservative und – sofern eine engmaschige ärztliche Kontrolle möglich ist – ambulante Behandlung im Vordergrund. Die Antibiotika-Standardtherapie steht heute eher in der Kritik. Laut der deutschen Leitlinie „Divertikelkrankheit/Divertikulitis“ kann bei der unkomplizierten Divertikelerkrankung auf Antibiotika verzichtet werden.
Obligat ist die Antibiose allerdings nach wie vor bei schweren und komplizierten Krankheitsbildern. Hier sind heute Penicilline Mittel der Wahl, das früher beliebte Ciprofloxacin hat aufgrund der aktuellen Resistenzsituation seine Bedeutung in dieser Indikation verloren, erläutern die Autoren.
Penicilline lösen Ciprofloxacin in der kalkulierten Therapie ab
Gegen die Schmerzen kann bei unkomplizierten Verläufen eine vorübergehende Nahrungskarenz helfen, die Verordnung von Anticholinergika oder Mesalazin ist ebenfalls möglich. Langfristig liegt das Augenmerk auf der Bekämpfung der bekannten Risikofaktoren für die Divertikelkrankheit: Übergewicht muss reduziert, Rauchen eingestellt und auf hochprozentige Alkoholika verzichtet werden.
Besonders wichtig: Ausreichend Ballaststoffe essen, denn Ballaststoffmangel gilt als ein beeinflussbarer Schlüsselfaktor in der Divertikulose-Enstehung. Auch rotes Fleisch sollte nicht mehr so häufig wie früher auf dem Teller liegen. Bei Komorbiditäten sollte man im Einzelfall prüfen, ob Medikationsänderungen sinnvoll sind.
Ballaststoffe verhindern Divertikelbildung
Unkomplizierte Rezidive verschlechtern die Prognose nicht, diagnostisch und therapeutisch wird wie bei der Erstmanifestation vorgegangen. Komplizierte bzw. anhaltend symptomatische Verläufe erfordern dagegen ein interdisziplinäres Vorgehen unter Einbeziehung der Viszeralchirurgen.
Quelle: Bernhard Lembcke, Wolfgang Kruis, Dtsch Med Wochenschr 2015; 140:1353-1359
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