Divertikulitis-Therapie im Wandel: Es fehlen Alternativen für chronische Fälle

Dr. Alexandra Bischoff

Nur ca. jeder 20. Patient mit Divertikulose entwickelt eine Divertikelkrankheit. Nur ca. jeder 20. Patient mit Divertikulose entwickelt eine Divertikelkrankheit. © fotolia/Juan Gärtner

Die chirurgische Therapie der Divertikulitis ist schon länger auf dem Rückzug. Auch von Antibiotika hat man sich zunehmend verabschiedet – zu Recht, wie die Erfahrung zeigt. Die Indikation zum Verzicht könnte sogar noch ausgeweitet werden.

Unter den über 80-Jährigen liegt die Prävalenz der Divertikulose bei 50–70 %. Das Lebenszeitrisiko, dass darunter Symptome und/oder Komplikationen auftreten, liegt aktuellen Studien zufolge bei 4,3 % bzw. 7 % – und damit deutlich niedriger als bisher beziffert, schreiben Privatdozent Dr. Stephan Böhm vom Spital Bülach und Professor Dr. Wolfgang Kruis vom Evangelischen Krankenhaus Köln-Kalk. Die Inzidenz der Divertikulitis allerdings nahm in den letzten 20 Jahren um 50 % zu. Grund genug für die Experten, die aktuellen Therapieprinzipien zu überprüfen.

Akute unkomplizierte Divertikulitis

Gemäß der aktuellen deutschen Leitlinie Divertikelkrankheit/Divertikulitis ist der unkomplizierte Verlauf Domäne der konservativen Therapie. Aufgrund der Studienlage zum Zeitpunkt der Erstellung schränkten die Fachgesellschaften die Indikation zur Antibiotikatherapie ein. Dänische, niederländische, italienische sowie amerikanische Kollegen gaben ähnliche Empfehlungen heraus.

Inzwischen ist klar: Unter Beachtung der Risikofaktoren lässt sich eine akute unkomplizierte Divertikulitis in über 90 % der Fälle sicher antibiotikafrei behandeln, so die Autoren. Die Leitlinie nennt an Risiken für einen komplizierten Verlauf:

Eine Operation sollte nur in Ausnahmefällen erwogen werden, z.B. wenn nach erfolgreicher Therapie eine Gefahr für Rezidive und Komplikationen besteht. Das kann u.a. auf immunsupprimierte Patienten und solche mit langfristiger Glukokortikoideinnahme zutreffen.

Akute komplizierte Divertikulitis

Selbst bei komplizierten Verläufen mit Abszessen < 3–4 cm ist man von der Operation weit entfernt. In der Regel genügt die alleinige Behandlung mit Antibiotika. Bei größeren Abszessen sollte zusätzlich eine perkutane sonographisch oder CT-gesteuerte Drainage durchgeführt werden. Möglicherweise wird man in Zukunft im Stadium mit Mikroabszess (≤ 1 cm) auch auf die Bakterienkiller verzichten können, spekulieren Dr. Böhm und Prof. Kruis.

Ein operativer Eingriff kommt für Patienten infrage, die nicht auf die konservativen Optionen ansprechen. Bei freier Perforation und Peritonitis muss die Resektion notfallmäßig erfolgen. Führte die Behandlung einer akuten Divertikulitis mit Makroabszess (> 1 cm) zum Erfolg, sprechen sich die Experten für eine OP im entzündungsfreien Intervall aus.

Chronische Divertikelkrankheit

Im Gegensatz zu anderen EU-Ländern empfiehlt die deutsche Leitlinie bei der symptomatischen unkomplizierten Divertikelkrankheit kein Rifaximin. Dagegen nehmen die Experten an, dass Patienten von einer Behandlung mit Mesalazin profitieren könnten. In verschiedenen Studien wirkte sich das Medikament positiv auf die Symptomatik aus, in Kombination mit einem Probiotikum traten zudem weniger Rezidive auf.

Paradigmenwechsel bei rezidivierenden Schüben
In der Behandlung der rezidivierenden Divertikulitis ohne Komplikationen hat sich laut den Autoren ein regelrechter Paradigmenwechsel vollzogen. Eine generelle elektive Sigmaresektion nach zwei Schüben wird nicht mehr als gerechtfertigt angesehen. Umso mehr stellt sich die Frage, wie sich die Häufigkeit der Schübe reduzieren lässt. Rifaximin, Mesalazin und Probiotika konnten sich zu diesem Zweck bislang nicht etablieren.

Quelle: Böhm S, Kruis W. Internist 2017; 58: 745-752

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Nur ca. jeder 20. Patient mit Divertikulose entwickelt eine Divertikelkrankheit. Nur ca. jeder 20. Patient mit Divertikulose entwickelt eine Divertikelkrankheit. © fotolia/Juan Gärtner