Divertikulitis: Ist die Behandlung mit Antibiotika sinnvoll?

Friederike Klein

Bei einer chronischen Divertikulitis mit Komplikationen hilft nur noch die Operation. Bei einer chronischen Divertikulitis mit Komplikationen hilft nur noch die Operation. © Science Photo Library/CNRI

Die Divertikulose ist per se keine Krankheit. Erst wenn Symptome auftreten, ändert sich das. Doch auch in diesem Fall sind Antibiotika häufig unnötig.

Ein Patient mit bekannter Divertikulose entwickelt Schmerzen im linken Unterbauch. Dann ist eine häufige, aber falsche Reaktion, sofort antimikrobiell zu behandeln, erklärte Professor Dr. Ludger­ Leifeld­ vom St. Bernward Krankenhaus Hildesheim. Er betonte: „Die meisten Patienten brauchen keine Antibiotika.“ Der Koordinator der alten und neuen Leitlinie1 erläuterte, was es bei der Behandlung von Divertikelkrankheit und Divertikulitis zu beachten gilt.

Von der -ose zur -itis

Die Divertikelkrankheit ist definiert als Divertikulose mit Symptomen oder Komplikationen. Dabei unterscheidet man:
  • symptomatisch unkomplizierte Divertikelkrankheit
  • Divertikulitis
  • akut und unkompliziert
  • akut und kompliziert
  • chronisch unkompliziert
  • chronisch kompliziert
  • Divertikelblutung

Wichtig ist, das Risiko für einen komplizierten Verlauf früh abzuschätzen. Hinweise ergeben sich schon aus der Anamnese. Je höher beispielsweise die Komorbidität des Patienten, umso höher das Mortalitätsrisiko. Mit einer Immundefizienz, etwa aufgrund einer Immunsuppression wegen Rheuma, geht ebenfalls ein erhöhtes Risiko einher. Immuninkompetente haben häufiger Perforationen und letztlich auch eine höhere Mortalität, erklärte Prof. Leifeld. Leukozytenzahlen zeigen keine sichere Korrelation zum Verlauf. Für die Labordiagnostik reichen nach Auffassung des Kollegen Blutbild, CRP-Bestimmung und Urinstatus aus. Ein erhöhtes CRP (> 20 mg/dl) kann bei Patienten mit Divertikulitis auf eine Perforation hinweisen, bei einem CRP < 5 mg/dl dagegen ist das Risiko gering. Als unverzichtbar gilt die Bildgebung. Darmsonographie oder Computertomographie verbessern die Treffsicherheit bei der Diagnosestellung gegenüber alleiniger Klinik mit Labor deutlich. Lässt sich der vom Patienten angegebene Schmerz sonographisch auf den divertikeltragenden Darmabschnitt projizieren, zeigen sich im Ultraschall keine Hinweise auf eine Divertikulitis und ergibt das Labor keine Entzündungszeichen, kann von einer symptomatisch unkomplizierten Divertikelkrankheit ausgegangen werden. Antibiotika sind in diesem Fall nicht notwendig.

Bei akutem unkompliziertem Verlauf geht’s auch ohne

Finden sich im Ultraschall dagegen Zeichen einer Divertikulitis ohne Abszessbildung und sind die Entzündungswerte erhöht, liegt eine akute unkomplizierte Divertikulitis vor. Auch in diesem Fall sind nicht automatisch Antibiotika angezeigt, erklärte der Referent. In einer prospektiven randomisierten klinischen Studie gab es bei Patienten in dieser Situation mit und ohne Antibiotikabehandlung keinen Unterschied hinsichtlich Perforations-, Abszess-, Sigmaresektions- oder Rezidivrate2. Die Autoren der Publikation kommen zu dem Schluss, dass Antibiotika bei der akuten unkomplizierten Divertikulitis weder die Heilung beschleunigen noch Komplikationen oder Rezidive verhindern. Sie sollten daher der Behandlung der komplizierten Divertikulitis vorbehalten bleiben. Allerdings waren in der Studie Patienten mit hohem Fieber, deutlicher Verschlechterung des Allgemeinzustands, Peritonitis, Sepsis und solche unter Immunsuppression ausgeschlossen worden. „Auf solche Faktoren sollten Sie achten“, betonte Prof. Leifeld. Liegen sie vor, sei die Antibiotikagabe nötig. Als Risikofaktoren für einen komplizierten Verlauf gelten zudem arterielle Hypertonie, chronische Nierenerkrankungen und eine allergische Disposition.

Ein Abszess ist eine klare Indikation für die Antibiose

Welche Antibiotika zu verwenden sind, ist in Studien nicht gut untersucht. In der klinischen Praxis kommen Cefuroxim oder Ciprofloxacin, jeweils mit Metronidazol kombiniert, sowie Ampicillin/Sulbactam, Piperacillin/Tazobactam und Moxifloxacin zum Einsatz. Lässt sich bei Entzündungszeichen im Labor sonographisch zusätzlich zu Divertikulitiszeichen ein Abszess nachweisen, sind Antibiotika klar indiziert, betonte Prof. Leifeld. Bei Mikroabs­zessen kleiner als 3–4 cm erfolgt die Therapie konservativ, bei Makroabszessen größer 4 cm wird drainiert und später reseziert. Bei freier Perforation und Blutung muss sofort eine chirurgische Therapie erfolgen. In der Behandlung der chronischen, d.h. rezidivierenden oder anhaltend symptomatischen Divertikelkrankheit ohne Komplikationen haben Antibiotika laut Prof. Leifeld keinen Stellenwert. Das gilt auch für die Mesalazin-Dauertherapie. Noch unklar ist laut dem Experten die Bedeutung von Probiotika und Rifaximin, die daher in der neuen Leitlinie wahrscheinlich keine Empfehlung erhalten werden. Keine OP-Indikation gibt es in Abhängigkeit von der Zahl der Schübe, betonte Prof. Leifeld. Perforationen treten am Anfang der Erkrankung auf und werden dann immer seltener. Daher macht es keinen Sinn, mit einer Operation zukünftige Komplikationen verhindern zu wollen – außer im Einzelfall bei Immunsupprimierten. Rezidivierende Schmerzen gelten als relative Indikation für eine Operation. Bei chronischer Divertikulitis mit Komplikationen wie Fisteln oder Stenosen ist ein operativer Eingriff dagegen klar angezeigt.

Quelle: DGVS* digital: Best of DGVS

1. Leifeld L et al. S2k-Leitlinie Divertikelkrankheit/Divertikulitis, AWMF Register-Nr. 021-020, www.awmf.org
2. Chabok A et al. Brit J Surg 2012; 99: 532-539; DOI: 10.1002/bjs.8688

* Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten

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Bei einer chronischen Divertikulitis mit Komplikationen hilft nur noch die Operation. Bei einer chronischen Divertikulitis mit Komplikationen hilft nur noch die Operation. © Science Photo Library/CNRI