Divertikulitisabrechung erklärt Hausärztliche Leistungen und ihre Abrechnung nach EBM und GOÄ
Grundlage der Kolon-Divertikulose sind Schleimhautausstülpungen durch Muskellücken in der Dickdarmwand. Von den unter 50-Jährigen haben etwa 10 % Divertikel, bei über 70-Jährigen ist es etwa die Hälfte. Ungefähr 20 bis 30 % der Betroffenen entwickeln im Verlauf eine Divertikulitis als entzündliche Komplikation. Sie zählt in den westlichen Industriestaaten zu den häufigsten Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts.
Gekennzeichnet ist die Divertikulitis durch einen Entzündungsprozess, der von Kolondivertikeln (Peridivertikulitis) ausgeht und auf die Darmwand übergreifen kann. Aus einer solchen fokalen Perikolitis können schwere Komplikationen, wie eine Abszess- und/oder eine Fistelbildung, eine gedeckte oder offene Perforation mit Peritonitis, eine Stenosierung oder ein divertikulitischer Tumor, entstehen. Eine eher seltene Komplikation sind Kolondivertikelblutungen, die zwar die häufigste Quelle für Blutungen aus dem Kolon sind, aber in über 90 % der Fälle spontan sistieren, während nur die restlichen 10 % einen lebensbedrohlichen Zustand hervorrufen können und deshalb interventionell oder operativ behandelt werden müssen.
Diagnostik
Als erstes Symptom für eine Entzündung im Darmbereich kann Fieber auftreten. Oft klagt die Patientin oder der Patient über dumpfe Schmerzen bevorzugt im linken Mittel- oder Unterbauch. In solchen Fällen sollten unbedingt weitere diagnostische Schritte eingeleitet werden. Bei der Blutuntersuchung fallen häufig erhöhte Entzündungswerte (CRP, Leukozytose) auf. Differenzialdiagnostisch muss man an ein Reizdarmsyndrom (RDS) denken und dieses ausschließen, da nach den Rom-II-Kriterien ein RDS gehäuft bei Patientinnen und Patienten mit einer Divertikulose, nicht aber verbunden mit einer Divertikulitis, gefunden wird. Die genannten Symptome ohne Entzündungszeichen sprechen deshalb eher für ein RDS.
Um die Diagnose einer akuten Divertikulitis sicher nachzuweisen, ist zur Abgrenzung eine Darmsonografie oder eine Abdomen-Computertomografie (CT) erforderlich. Diagnostische Kriterien für eine Divertikulitis sind der direkte sonografische Nachweis von entzündeten Divertikeln, eine Darmwandverdickung auf über 3 bzw. 5 mm und eine vermehrte Kontrastmittelaufnahme im Rahmen einer CT oder einer MRT. Differentialdiagnostisch ist ein Urinstatus zum Ausschluss einer Erkrankung des Harnwegssystems (Cystitis, Ureterolithiasis) oder einer denkbaren Divertikulitis-Komplikation (Sigma-Blasenfistel, Begleitzystitis) empfehlenswert.
Eine Koloskopie ist für den Nachweis einer akuten Divertikulitis nicht zwingend erforderlich, sollte aber zur Klärung einer im Bildgebungsverfahren nachgewiesenen Verdickung der Kolonwand und/oder aufgrund des Risikoprofils vieler Patienten sowie wegen des Vorsorgegedankens, insbesondere im Anschluss an eine schwere Divertikulitis, etwa sechs bis acht Wochen nach Abklingen der akuten Symptomatik erfolgen.
Abrechnung im Fallbeispiel | |||
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EBM | Legende | Punkt/Euro | GOÄ |
Leistungen beim Erstkontakt | |||
03003 | Versichertenpauschale im 52. Lebensjahr | 114/13,60 | 7 |
03220 | Zuschlag zur Versichertenpauschale für die Behandlung eines Patienten mit mindestens einer lebensverändernden chronischen Erkrankung | 130/15,51 | |
32030 | Orientierende Untersuchung | 0,50 | 3652 |
03230 | Problemorientiertes ärztliches Gespräch, das aufgrund von Art und Schwere der Erkrankung erforderlich ist | 128/15,28 | 1 |
Leistungen beim Zweitkontakt | |||
03221 | Zuschlag zur GOP 03220 für intensive Behandlung und Betreuung | 40/4,77 | |
33042 | Abdominelle Sonografie | 143/17,07 | 410 420 |
03008 | Zuschlag zur GOP 03000 für Terminvermittlung zum Facharzt | 131/15,63 | |
03230 | Problemorientiertes ärztliches Gespräch | 128/15,28 |
Der Fall
Der 52-jährige Patient ist wegen eines nicht insulinpflichtigen Diabetes Typ 2 in der Praxis in Behandlung. Er klagt über vermehrte Blähungen und z. T. krampfartige, nahrungsaufnahmeunabhängige Schmerzen in der linken mittleren Bauchhälfte, die seit einigen Tagen auftreten. Eine regelmäßige Einnahme von NSAR oder ASS ist nicht bekannt und wird auf Nachfrage von ihm auch verneint. Bei der Palpation des Abdomens fallen eine Druckempfindlichkeit im Bereich des Sigma und perkutorisch ein tympanitisches Geräusch auf. Der sofort analysierte Urinstatus ist unauffällig. In der weiteren Labordiagnostik werden ein großes Blutbild und eine Bestimmung des CRP-Wertes veranlasst. Ein Termin zur Abdomen-Sonografie wird vereinbart.
Im Ergebnis findet sich bei der Laboranalyse eine Leukozytose von 14.600/µl und ein leicht erhöhter CRP-Wert. Bei der sonografischen Untersuchung fallen bei der Darstellung des Sigmas eine Wandverdickung im Bereich eines darstellbaren Divertikels von 4 mm und eine echoarme Zone auf.
Es wird eine antibiotische Behandlung eingeleitet und eine sonografische Kontrolle nach sechs Wochen vereinbart. Dem Patienten wird zur Abklärung der echoarmen Zone nach Abklingen der Entzündungszeichen außerdem ein Termin zur Koloskopie im gleichen Quartal nach sechs bis acht Wochen bei einem Gastroenterologen vermittelt. Dabei gilt es Folgendes zu beachten:
- In der GOÄ gibt es kein Korrelat für die Chronikerpauschalen und die Terminvermittlung des EBM. Der Aufwand könnte mit einem erhöhten Multiplikator bei der Nr. 1 und/oder der Nr. 7 GOÄ geltend gemacht werden. Sofern die Terminvermittlung durch eine MFA an einem Tag erfolgt, an dem keine anderen Leistungen berechnet werden, wäre die Nr. 2 GOÄ ansatzfähig.
- Beim Zweitkontakt kann die Beratung nach Nr. 1 GOÄ wegen des Ausschlusses neben Leistungen aus den Abschnitten C bis O im selben Behandlungsfall und auch die Nr. 3, die nur neben den Nrn. 5 bis 8, 800 und 801 berechnungsfähig ist, nicht angesetzt werden.
- Finanziell optimal wäre, wenn beim Erstkontakt die Nr. 3 berechnet und auf den Ansatz der Nr. 3652 verzichtet wird. In dem Fall könnte die Nr. 1 beim Zweitkontakt zum Ansatz kommen.
Nach der antibiotischen Behandlung ist der Patient beschwerdefrei. Die sonografische Verlaufskontrolle zeigt einen deutlichen Rückgang der Wandverdickung. Im Rahmen der Koloskopie kann die sonografisch festgestellte echoarme Zone als abgeheilter Abszess identifiziert werden. Da sich dabei auch eine ausgeprägte Kolondivertikulose darstellt, erhält der Patient Diätempfehlungen. Er soll zur Rezidivprophylaxe künftig auf eine ballaststoffreiche Kost (≥ 30 g/d), unter Beachtung der diätetischen Auflagen bei Diabetes mellitus reich an Obst, Gemüse und Cerealien, achten. Eine solche Diätberatung ist im Einheitlichen Bewertungsmaßstab Bestandteil der GOP 03230, in der Gebührenordnung für Ärzte kann die Nr. 76 (schriftlicher Diätplan, individuell für den einzelnen Patienten aufgestellt, 70 Punkte) berechnet werden.