Bei isolierter aPTT-Verlängerung kommt eine erworbene Hämophilie infrage

DGIM 2024 Friederike Klein

Bei der Verdachtsdiagnose erworbene Hämophilie kann ein Plasma-Mischungstest die Diagnose bestätigen oder verwerfen. Bei der Verdachtsdiagnose erworbene Hämophilie kann ein Plasma-Mischungstest die Diagnose bestätigen oder verwerfen. © Максим Зайков – stock.adobe.com

Wenn ein älterer Patient aus heiterem Himmel schwere subkutane Blutungen erleidet, steckt womöglich eine Gerinnungsstörung dahinter. 

Sind zudem der Quick-Wert normal sowie die aktivierte partielle Thromboplastinzeit (aPTT)verlängert, sollte immer an eine erworbene Hämophilie gedacht werden, erklärte Dr. Christoph Faul, Hämostaseologie, Universitätsklinik Tübingen.

Die Verdachtsdiagnose kann der Plasma-Mischungstest bestätigen, bei dem man hälftig Patientenblut mit Blut von gesunden Menschen mischt. „Da können Sie auch ihr eigenes Blut nehmen“, sagte Dr. Faul. Wenn Autoantikörper im Sinne einer erworbenen Hämophilie vorliegen, ist die aPTT auch im Mischungstest verlängert. Korrigiert sich die Zeit, kommen ein Gerinnungsfaktormangel oder ein Von-Willebrand-Syndrom infrage.

Bei einer isolierten prolongierten aPTT empfiehlt sich die Bestimmung der Faktor-VIII-Aktivität. Ist sie normal, könnten Lupus-Antikoagulanzien oder ein anderer Gerinnungsinhibitor verantwortlich sein. Eine reduzierte Faktor-VIII-Aktivität weist auf die erworbene Hämophilie hin – insbesondere, wenn ein typisches Blutungsmuster beobachtet wird. 80 % der Betroffenen weisen schwere subkutane Blutungen auf, gefolgt von muskulären (45 %) und gastrointestinalen Blutungen (21 %). Gelenkeinblutungen treten sehr viel seltener auf als bei angeborener Hämophilie. Die Diagnose „erworbene Hämophilie“ sollte mit einem Bethesda-Test oder einem ELISA-Test auf Faktor-VIII-Antikörper bestätigt werden. 

Für die Therapie klinisch relevanter Blutungen oder vor invasiven Eingriffen stehen verschiedene Präparate zur Verfügung – mit aktivierendem rekombinantem Faktor VII, aktiven Prothrombinkomplexen (APCC) oder rekombinantem porkinen Faktor VIII. Zur Blutungsprophylaxe sollte man Emicizumab in Erwägung ziehen und den Zustand des Behandelten (re)evaluieren.

Für fitte Patienten mit niedrigen Antikörpertitern empfehlen Forscher der amerikanischen Gesellschaft für Hämatologie eine immunsuppressive First-Line-Therapie mit Glukokortikosteroiden allein oder in Kombination mit Cyclophosphamid oder Rituximab. Als Second-Line-Medikamente schlagen sie Cyclophosphamid, Rituximab oder Mycophenolat-Mofetil vor. Dr. Faul riet aber, die Indikation kritisch zu stellen, da die optimale immunsuppressive Therapie unklar sei.

Quelle: Tiede A et al. Haematologica 2020; 105: 1791-1801; DOI: 10.3324/haematol.2019.230771

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