Bei Rheuma Kiefergelenk untersuchen!

Maria Weiß, Foto: thinkstock

Obwohl sie am meis­ten bewegt werden, gehören Kiefergelenke in der ärztlichen Praxis häufig zu den „vergessenen Gelenken“.

Der Kieferschmerz kann von den meisten Betroffenen sehr genau auf eine umschriebene präaurikuläre Region lokalisiert werden. Manchmal wird er aber auch eher im Ohr oder im Bereich des Masseter-Muskels wahrgenommen. Auslösend oder verstärkend wirkt typischerweise eine Gelenkbelastung zum Beispiel beim herzhaften Gähnen, Abbeißen oder Kauen harter Speisen, schreibt Professor Dr. med. dent. Jens Christoph Türp vom Universitätsklinikum für Zahnmedizin der Universität Basel.


Bei einigen Patienten ist die Unterkieferbeweglichkeit schmerzbedingt eingeschränkt und in ausgeprägten Fällen wird die Mandibula in einer Art Schonhaltung nach vorne geschoben. Bei akuten Entzündungen mit starkem Gelenkerguss kann der nach kaudal verlagerte Gelenkkopf den Okklusionskontakt der Seitenzähne auf der betroffenen Seite verhindern. Dies wird von den Patienten als sehr unangenehm empfunden.

Krepitation spricht 
für Arthrose

Nach den Ergebnissen der mecklenburgischen SHIP-Studie leiden in Deutschland etwa 3 % der Patienten unter Kiefergelenkschmerzen. Frauen sind wie bei anderen Gelenken auch deutlich häufiger betroffen. Mit zunehmender Chronifizierung steigt das Risiko, dass die betroffenen Patienten auch in anderen Körperregionen unter Schmerzen leiden, psychosoziale Störungen hinzukommen und die Lebensqualität deutlich abnimmt.


Auch beim Kiefergelenk unterscheidet man grundsätzlich zwei Formen: Die Arthralgie auf dem Boden einer Synovitis oder Capsulitis und die aktivierte Arthrose, bei der zusätzlich noch Krepitationsgeräusche und röntgenologische Veränderungen (z.B. Osteophyten) vorliegen.

Überlastung als Ursache für Arthrose im Kiefergelenk  

Die mit Abstand häufigste Ursache ist die Überlastung. Diese kann z.B. durch eine zu weite Kieferöffnung beim Gähnen, langwierige Zahnarztsitzungen oder eine Intubationsnarkose bedingt sein. Auch ein heftiger Aufprall auf den Unterkiefer oder ein Schleudertrauma kommen als Ursache infrage – ebenso länger einwirkende Mikrotraumen wie nächtliches Zähneknirschen (Bruxismus).


Wichtig für die Praxis: Auch sys­temische Gelenkerkrankungen von der Lyme-Borreliose bis zur Spondylitis ankylosans können das Kiefergelenk einbeziehen, deshalb sollte dieses immer mit untersucht werden. Besonders häufig treten Kieferaffektionen bei der rheumatoiden Arthritis auf, in 4 % der Fälle sogar als Erstlokalisation und bei 20 % der Patienten im Verlauf der Erkrankung.

Bildgebung bei Kiefergelenksarthritis meist nicht nötig 

Die Diagnostik erfordert keinen großen technischen Aufwand – Anamnese und körperliche Untersuchung genügen meist. Dabei prüft man die Unterkieferbeweglichkeit (max. Öffnung, Seit- und Vorschub) und tastet die Kaumuskulatur ab (Druckschmerz?). Natürlich sollte auch der Zahnstatus erhoben werden, ggf. dient eine Panoramaschichtaufnahme dem Ausschluss anderer Ursachen (verlagerte Zähne, Frakturen, Tumoren).

Wassergefüllte Schiene 
gegen Akutschmerz

Auch die Therapie gestaltet sich meist einfach: Bei akutem Schmerz helfen Aufklärung, NSAR (z.B. Ibuprofen 3x 400 mg/Tag), Kälteapplikation und evtl. eine wassergefüllte Sofortschiene (Fertigprodukt). Persisiert der Schmerz, können auch Physiotherapie, eine speziell angepasste orale Schiene (während des Schlafes getragen), Entspannungs- und Verhaltenstherapie oder trizyklische Antidepressiva zum Einsatz kommen.


Invasive Eingriffe an Zähnen und Kiefergelenken, wie sie früher öfter praktiziert wurden, erfolgen heute nur noch bei strenger Indikationsstellung, schreibt der Zahnmediziner.

Quelle: Jens C. Türp, Schweiz Med Forum 2012; 12:846-850

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