
Osteonekrose: Knochenschutz-Therapie gefährdet den Kiefer

Bisphosphonate sind gängige, den Knochenstoffwechsel hemmende Medikamente zur Behandlung von Osteoporose und Morbus Paget. Immer häufiger setzt man sie aber auch zum Schutz vor Knochenmetastasen bei Patienten mit Brust-, Prostata- und Lungenkrebs ein.
Intravenöse Applikation ist gefährlicher
Gerade die Krebspatienten sind anfällig für die osteonekrotischen Nebenwirkungen von Bisphosphonaten und anderen antiresorptiv oder anti-angiogenetisch wirksamen Medikamenten, warnen die Kieferchirurgen Lara Zebic und Vinod Patel vom Birmingham Dental Hospital bzw. Guy’s Dental Hospital London – wenngleich die Inzidenz insgesamt meist unter 1 % liegt. Allerdings gestaltet es sich schwierig, das Risiko beim Patienten individuell abzuschätzen, schreiben die Experten.
Zusätzlich spielen Behandlungsdauer bzw. die kumulativen Dosen der Antiresorptiva sowie eine subkutane oder intravenöse Applikation eine bedeutende Rolle bei der Risikoerhöhung. Insbesondere wenn Krebspatienten hochfrequente Bisphosphonat-Infusionen oder subkutane Gaben des monoklonalen RANKL-Inhibitors Denosumab erhalten, steigt das Osteonekrose-Risiko auf rund 1 %. Eine weitere Steigerung ist bei einer dualen Behandlung mit anti-angiogenetisch und antiresorptiv wirksamen Substanzen zu erwarten, zum Beispiel Bevacizumab i.v. plus Bisphosphonat.
Im Vergleich dazu ist das Kiefernekrose-Risiko bei Patienten mit Osteoporose deutlich geringer. Dies liegt an der hauptsächlich oralen Dauermedikation. Auch bei einer einmal jährlichen intravenösen Gabe scheint das Risiko in diesem Fall nicht weiter anzusteigen.
Das Risiko erhöht sich erst nach vier Jahren Therapie
Lediglich eine Therapiedauer über vier Jahre hinaus könnte die Wahrscheinlichkeit für die Nekrose leicht erhöhen, so das Ergebnis einer Beobachtungsstudie mit über 8500 Patienten mit Knochenschwund. Eine begleitende Therapie mit Kortikosteroiden und Immunsuppressiva wie Methotrexat triggert das Risiko zusätzlich – bei Osteoporose genauso wie bei Krebspatienten.
Mehr noch als Osteoporose und Krebs steuern aber dentale Begleiterkrankungen zur Nekrosegefahr bei. Dazu gehören in erster Linie Zahnextraktionen während der Therapie, wie Studien belegen. Rund 50–60 % der Patienten, die eine medikamentenassoziierte Kiefer-Osteonekrose entwickelt hatten, waren kurz zuvor Zähne gezogen worden. Auch hier sind Krebskranke überrepräsentiert.
Vorbeugen ist die beste Therapie. Ohne den Patienten bei der Verordnung zu stark zu verunsichern, sollte das Nekrose-Risiko offen angesprochen werden. Optimalerweise stellt sich der Patient vor Behandlungsbeginn bei einem Kieferchirurgen vor, der so gegebenenfalls wichtige Eingriffe noch vor Therapiestart vornehmen kann. Allerdings sollte man beachten, dass Bisphosphonate mit einer geschätzten Halbwertszeit von zehn Jahren das Risiko auch noch lange nach Absetzen hoch halten.
Bei Beschwerden im Kieferbereich schnell handeln
Ansonsten gilt es, auf Warnsymptome wie Schmerzen, Schwellungen oder Rötungen im Kieferbereich zu achten. Bei rechtzeitiger Intervention in enger Zusammenarbeit mit Zahnarzt bzw. Kieferchirurg lassen sich Infektion, Nekrose und Schmerz über verstärkte Mundhygiene und/oder Antibiotika behandeln, eine OP ist nur selten nötig.
Quelle: Zebic L, Patel V. BMJ 2019; 365: l1733
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).