Bizarre Nekrosen und starke Schmerzen kennzeichnen Kalziphylaxie

Maria Weiß

Häufig zeigt sich die Kalziphylaxie mit Läsionen am Körper des Patienten. Häufig zeigt sich die Kalziphylaxie mit Läsionen am Körper des Patienten. © wikipedia/Niels Olson

Die Kalziphylaxie hat nichts von ihrem Schrecken verloren. Von der potenziell tödlichen Erkrankung betroffen sind vor allem Dialysepatienten mit sekundärem Hyperparathyreoidismus. Aber auch bei Nierengesunden mit anderen Risikofaktoren kann die Erkrankung vorkommen.

Kalzifizierende Dermatitis und Pannikulitis, thrombotische Verschlüsse, Wandverkalkungen kleiner und mittelgroßer Hautgefäße sowie häufig nachfolgende Hautnekrose – etwa jeder hundertste Dialysepatient entwickelt diese Zeichen einer Kalziphylaxie. Bei Nierengesunden ist die Erkrankung wesentlich seltener. Als prädisponierende Faktoren gelten bei ihnen chronische Entzündungen wie M. Crohn, systemischer Lupus erythematodes, rheumatoide Arthritis, Sarkoidose oder auch alkoholbedingte Lebererkrankungen. Zu 70 % sind Frauen betroffen, der Häufigkeitsgipfel liegt zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr.

Typisch für das Frühstadium der Kalziphylaxie sind plötzlich auftretende stärkste Schmerzen mit Livedo-racemosa-artigen offenen Kreisen, aus denen sich rasch Ulzera mit hämorrhagischen Krusten und bizarr anmutenden schwarzen Hautnekrosen entwickeln, erklärte Professor Dr. Karin Scharffetter-­Kochanek von der Klinik für Dermatologie und Allergologie am Universitätsklinikum Ulm. Betroffen sind vor allem fettreiche Lokalisationen wie Oberschenkel, Gesäß und Abdomen – bei Nierengesunden auch häufiger die Unterschenkel.

Was im Gewebe passiert

Die genaue Pathophysiologie der Kalziphylaxie ist noch nicht vollständig geklärt. Begünstigt durch Faktoren wie Urämie oder auch Diabetes kommt es zunehmend zur Transdifferenzierung glatter Muskelzellen zu osteochondrogenen Zellen. Zudem werden vermehrt Calcium und Phosphat ausgeschleust. Weiterhin ist der krankhafte Verkalkungsprozess in der Gefäßwand durch eine Störung im Gleichgewicht verkalkungshemmender (Matrix-Gla-Protein [MGP] und Fetuin-A) und -fördernder Proteine (Osteopontin) bedingt. Die Aktivierung von MGP ist Vitamin-K-abhängig, was erklärt, dass Vitamin-K-Mangel bzw. die Therapie mit Vitamin-K-Antagonisten den Prozess begünstigen. Fetuin A ist an der Clearance von Calcium und Phosphat beteiligt und kann durch chronisch-entzündliche Vorgänge ausgebremst werden.

Bei der Diagnostik geht es vor allem darum, mögliche Differenzialdiagnosen (siehe Kasten) auszuschließen und auslösende Ursachen zu eruieren. Immer mit dazugehören sollten:
  • klinische Untersuchung
  • Histologie
  • Bildgebung
  • Nierenwerte (GFR, Kalium, Kreatinin Harnstoff)
  • Blutbild, Hämatokrit
  • Calcium, Phosphat, Parathormon
  • Fetuine
  • Vitamin-K-Spiegel
  • CRP und ggf. Procalcitonin
  • Wundabstrich und Antibiogramm

Differenzialdiagnosen der Kalziphylaxie

  • Hypertensives Ulkus Martorell (Intimahyperplasie)
  • PAVK
  • Markumar-Nekrosen
  • Cholesterinembolie
  • Pyoderma gangraenosum
  • Livedovaskulopathie
  • Nekrotisierende Vaskulitis

Die Therapie gestaltet sich oft schwierig und bedarf einer engen interdisziplinären Zusammenarbeit von Dermatologen, Nephrologen, Schmerzmedizinern und Infektiologen, erklärte Prof. Scharffetter-Kochanek. Die Lokaltherapie erfolgt via operativem Debridement mit Vakuumtherapie und – sofern erforderlich – Deckung mit Spalthaut. Zusätzlich benötigen die Patienten in der Regel eine intensive Schmerztherapie unter Einsatz aller zur Verfügung stehenden Möglichkeiten. Weiterhin sollte man eventuell vorhandene Risikofaktoren ausschalten, zum Beispiel einen Vit­amin-K-Mangel ausgleichen, den Patienten von einem Vitamin-K-Antagonisten auf ein anderes Antikoagulans oder von Peritonealdialyse auf Hämodialyse umstellen. Ein erhöhtes Parathormon kann durch das Calcimimetikum Cinacalcet reduziert werden – als Alternative zur Parathyreoidektomie. In der Nephrologie hat es sich bewährt, zur Prophylaxe in der letzten Stunde der Dialyse dreimal wöchentlich Natriumthiosulfat zu verabreichen. Trotz all dieser Maßnahmen ist bei diesem Krankheitsbild auch heute noch von einer hohen Mortalität von 50 % auszugehen. Die meisten Patienten versterben an einer Sepsis, berichtete Prof. Scharffetter- Kochanek. 

*Deutsche Dermatologische Gesellschaft

Quelle: 50. Tagung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft

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Häufig zeigt sich die Kalziphylaxie mit Läsionen am Körper des Patienten. Häufig zeigt sich die Kalziphylaxie mit Läsionen am Körper des Patienten. © wikipedia/Niels Olson