Hüftschmerzen: Avaskuläre Femurkopfnekrose wird oft übersehen

Dr. Elke Ruchalla/Dr. Anja Braunwarth

Eine Minderversorgung des Femurs mit Blut kann wortwörtlich zu Kopfzerbrechen führen. Eine Minderversorgung des Femurs mit Blut kann wortwörtlich zu Kopfzerbrechen führen. © wikimedia/Mehlauge; wikimedia/Steven Fruitsmaak

Ihr noch vergleichsweise junger Patient klagt seit mehr als sechs Wochen über Hüftschmerzen, aber das Röntgenbild ist unauffällig. Also alles eine Kopf­sache? Vielleicht schon, aber weiter unten.

Eine 36-jährige Frau erscheint bei ihrem Hausarzt mit starken Leistenschmerzen, die bis ins Knie ausstrahlen und bei Belastung zunehmen. Mit Schmerzmitteln versorgt, geht sie wieder heim. Nach einem Jahr kommt die Frau wieder, die Beschwerden sind unverändert. Jetzt gibt es ein Röntgenbild der Hüfte, das einen leicht verengten Gelenkspalt zeigt. Der nun eingeschaltete Orthopäde ordnet eine MRT an – und stellt die Diagnose einer avaskulären Femurkopf­nekrose.

Im Spätstadium hilft nur noch eine OP

Leider kein unüblicher Verlauf bei diesem Krankheitsbild, erklären Jonathan­ N. Lamb vom Leeds Institute of Rheumatic and Musculoskeletal Medicine und Kollegen. Denn es handelt sich zum einen um ein seltenes Krankheitsbild, zum anderen weisen viele Patienten ko­existierende rheumatologische oder hämatologische Probleme auf, die in die Irre führen können.

Warum die Mikrozirkulation im Femurkopf plötzlich schwächelt, weiß man bis heute nicht genau. Fest steht aber, dass die Nekrose oft beidseits auftritt und eher jüngere Menschen trifft: Männer zwischen dem 25. und 44. Lebensjahr, Frauen zwischen dem 55. und 75. Und es gibt bekannte Risikofaktoren (s. Kasten).

Risikofaktoren für avaskuläre Femurkopfnekrose

  • Dyslipidämie
  • männliches Geschlecht
  • positive Familienanamnese für die Erkrankung
  • starker Nikotin- und/oder Alkoholkonsum
  • Erkrankungen der Gefäße und/oder des Gerinnungssystems
  • Übergewicht
  • HIV-Infektion
  • Therapie mit Steroiden, Zytostatika oder Immunsuppressiva
  • kurz zurückliegende Schwangerschaft
  • Sichelzellanämie

Wenn Sie die Hüfte untersuchen, können die Beweglichkeit, die Lokalisation der Schmerzen und deren Provokation weiterhelfen. Aber letztlich sind die Befunde vor allem in den frühen Stadien der Erkrankung meistens unspezifisch und die Nekrose lässt sich auch noch nicht radiologisch erkennen. Bei länger als sechs Wochen dauernden Hüftschmerzen ohne radiologisches Korrelat und evtl. bestehende Risikofaktoren sowie bei vorausgegangener Nekrose der anderen Seite sollte man aber daran denken und zum Orthopäden überweisen. Der kann die Diagnose mittels MRT sichern. Das möglichst rasche Erkennen des Gewebetods hat für das weitere Schicksal der Betroffenen eine große Bedeutung: Im frühen Stadium kann ein Therapieversuch mit Prostazyklin-Analoga und Bisphosphonaten vielleicht verhindern, dass die Krankheit weiter fortschreitet und den Knochen direkt unterhalb des Gelenkknorpels „auffrisst“. Einfache entlastende operative Eingriffe verzögern die Zeit bis zum Gelenkersatz – während im Spätstadium kein Weg mehr daran vorbeiführt. Und bei den oft jungen Patienten ist damit ein später erforderlicher Prothesenwechsel vorprogrammiert – mit allen zugehörigen Komplikationen.

Quelle: Lamb JN et al. BMJ 2019; 365: I2178

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Eine Minderversorgung des Femurs mit Blut kann wortwörtlich zu Kopfzerbrechen führen. Eine Minderversorgung des Femurs mit Blut kann wortwörtlich zu Kopfzerbrechen führen. © wikimedia/Mehlauge; wikimedia/Steven Fruitsmaak