Bei Urtikaria sind Sie als Detektiv gefragt

Maria Weiß, Foto: wikimedia

Juckende Quaddeln, die plötzlich wie aus dem Nichts auftauchen – die Diagnose einer akuten Urtikaria stellt meist kein Problem dar. Die Ursachensuche in hartnäckigen Fällen erfordert aber manchmal etwas detektivisches Geschick.

Bei jedem vierten Europäer wird im Laufe des Lebens eine Urtikaria diagnostiziert, die mit zu den häufigsten Hauterkrankungen gehört. Frauen im mittleren Alter sind besonders oft betroffen – im Prinzip können die Quaddeln aber in jedem Lebensalter auftreten.

Die Klinik mit juckenden Quaddeln und/oder Angioödem ist meist eindeutig, sodass die Diagnose in der Regel kein Problem darstellt, schreibt Privatdozentin Dr. Petra Staubach von der Hautklinik der Universitätsmedizin Mainz.

Angioödem hält auch mal zwei bis drei Tage an

Die einzelnen Quaddeln bleiben nicht länger als 24 Stunden bestehen, ein Angioödem kann auch mal zwei bis drei Tage anhalten. Grundsätzlich werden spontane, induzierbare und gemischte Formen unterschieden.

Am häufigsten sieht man die akute spontane Urtikaria. Sie tritt oft im Zusammenhang mit Infekten auf. Manchmal spielen auch Allergien (z.B. gegen Medikamente) oder Nahrungsmittel als Ursache bzw. Trigger eine Rolle. Eine genauere Abklärung ist hier in der Regel nicht erforderlich. Nur bei starkem Allergieverdacht werden Hauttestungen und die Bestimmung von spezifischen IgE-Antikörpern empfohlen.

Nach asymptomatischen Infekten suchen

Erst wenn die Symptomatik mit immer neuen Quaddelschüben länger als sechs Wochen anhält, sollte eine weitergehende Diagnostik erfolgen. Bei dieser chronischen Urtikaria hat sich ein validierter Urtikariakontrolltest bewährt: Mit Fragen zu Lebensqualität und Beschwerden kann man die Krankheitslast und das Ansprechen auf die Therapie überprüfen.

Im Rahmen der Ursachensuche gilt es, zunächst nach Infekten zu fahnden, auch asymptomatischen z.B. im HNO- oder Dentalbereich. Helicobacter pylori oder Yersinien können ebenfalls eine Rolle spielen. Ggf. erfolgt eine Infektsanierung – bis zum Verschwinden der Quaddeln können aber einige Wochen vergehen. Autoreaktive Phänomene sollten mittels autologem Serum-Skin-Test (ASST) ausgeschlossen werden. Hierbei wird eine Intrakutantestung mit frischem Patientenserum durchgeführt.

Bei positivem Testergebnis kann sich die Suche nach Autoimmunerkrankungen lohnen. Bei etwa einem Drittel der Patienten hat sich die Durchführung einer Pseudoallergen-reduzierten Diät (inkl. Symptom-Tagebuch) über mindestens drei Wochen bewährt – bei entsprechendem Verdacht auch eine Histamin-reduzierte Diät. Scheint diese Maßnahme mit mindestens 50%iger Symptomreduktion erfolgreich, sollte sie einige Monate fortgeführt werden – später kann sie wieder gelockert werden.

Besteht der anamnestische Verdacht auf Intoleranzreaktionen gegen Medikamente wie NSAR, müssen die Patienten die ganze Substanzgruppe meiden. Denn es bestehen häufig Kreuzreaktionen. Echte Allergien sind sehr selten Auslöser einer chronischen spontanen Urtikaria, obwohl viele Patienten erhöhte IgE-Spiegel aufweisen. Ein Symptom-Tagebuch kann Aufschluss geben.

Die induzierbaren chronischen Urtikariaformen lassen sich meist leicht anamnestisch erfragen und ggf. durch Provokationstests bestätigen. Oft kennt der Patient "seine" Auslöser wie Kälte, Wärme, Licht, Vibration, Druck- oder Scherkräfte. Ein häufiger Subtyp ist die cholinergische Form, bei der eine Erhöhung der Körpertemperatur (z.B. Stress, heiße Badewanne) die Quaddeln aufschießen lässt.

Chronische Form kann spontan verschwinden

Die gute Nachricht lautet: Auch die chronischen Formen verschwinden in mehr als 50 % der Fälle wieder spontan. Unabhängig von der Ursache wird die Urtikaria an erster Stelle mit Antihistaminika der zweiten Generation behandelt, die bis zum Vierfachen der zugelassenen Tagesdosis aufdosiert werden können. Führt die Antihistaminika-Therapie nicht zum Erfolg (evtl. Wirkstoff wechseln), ist bei der chronischen spontanen Urtikaria auch eine Behandlung mit dem Anti-IgE-Antikörper Omalizumab möglich (Kostenübernahme ggf. mit Krankenkasse abklären).

Bei vorübergehend verstärkter Symptomatik kann eventuell eine kurzfristige orale Steroidtherapie über maximal sieben bis zehn Tage hilfreich sein (0,5–1 mg/kgKG Prednisolonäquivalent).


Quelle: Staubach P. internistische praxis 2016; 56: 431-436 

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