Beim Endometriumkarzinom passieren zu viele Fehler

Anke Zens

Kaum ein weiblicher Genitaltumor wird mit so vielen unterschiedlichen Methoden angegangen wie das Endometrium-Ca. Anscheinend verleitet die günstige Prognose viele Behandler zur Therapie in Eigenregie. Für die Patientinnen kann eine Fehleinschätzung fatale Folgen haben.

Das Endometriumkarzinom wird zwar häufig früh diagnostiziert, aber die günstige Prognose verschlechtert sich gerade in den frühen Stadien dramatisch, wenn Risikofaktoren vorliegen. Im schlimmsten Fall kann dann die eigentlich exzellente Prognose für das 5-Jahresüberleben mit über 90 % auf unter die Hälfte sinken.


Mindestens 30 % aller Patientinnen – so hoch ist die Inzidenz dieser Risikofaktoren – werden durch eine leitlinienkonforme operative Therapie allein nicht geheilt und benötigen eine adjuvante Therapie. „Das wird oft ignoriert“, sagt Professor Dr. Peter Mallmann von der Frauenklinik der Universität zu Köln.


Umfragen der Arbeitsgemeinschaft gynäkologische Onkologie (AGO) dokumentieren, dass trotz Vorliegen der S2-Leitlinie die meisten Frauen immer noch nicht leitlinienkonform behandelt werden – das gilt sowohl für eine inadäquate operative wie adjuvante Therapie. Außerdem ist das Endometriumkarzinom das Karzinom, welches am häufigsten außerhalb onkologischer Zentren behandelt wird. Prof. Mallmann: „Das heißt, es behandelt heute immer noch jeder, weil er meint, er könnte das.“

Lokale Bestrahlung senkt das lokale Rezidivrisiko


Die aktuellen Konzepte zur adjuvanten Therapie des Endometriumkarzinoms umfassen zwei Optionen: Bestrahlung und systemische Therapie. Der Stellenwert der adjuvanten Bestrahlung ist durch mehrere große randomisierte Studien belegt. Es wurde eindeutig gezeigt, dass durch eine lokale Bestrahlung das Lokalrezidivrisiko reduziert werden kann. Ein signifikanter Einfluss auf das Gesamtüberleben konnte bislang nicht nachgewiesen werden, auch wenn kleinere neue Studien einen positiven Trend für das Überleben zeigten.

Welche adjuvante Therapie im frühen Stadium?


80 % aller Rezidive im Stadium FIGO I treten extrapelvin auf und profitieren deshalb nicht von einer lokalen Maßnahme. Die aktuelle S2-Leitlinie fasst zusammen, was die Datenlage der großen Studien hergibt. So wird für die Stadien FIGO I und II eine adjuvante Strahlentherapie ausdrücklich empfohlen, um das lokoregionäre Rezidivrisiko zu reduzieren, auch wenn dadurch das Gesamtüberleben wahrscheinlich nicht verbessert wird. Für fortgeschrittenere Stadien gibt es diesbezüglich keine ausreichenden Daten.

Beim frühen Endometriumkarzinom fehlt bislang noch der Beweis, dass eine adjuvante Chemotherapie effektiver ist als die Bestrahlung. Eine adjuvante Chemotherapie ist jedoch besser als keine Behandlung, weil die systemische Therapie das 5-Jahresüberleben signifikant verbessert. Bei frühen Stadien ist die Chemotherapie äquipotent zur Bestrahlung. Allerdings basieren diese Erkenntnisse auf nur wenigen, meist retrospektiven Studien. Prospektive Studien zum optimalen Behandlungskonzept fehlen für das frühe Endometriumkarzinom, erklärt Prof. Mallmann.

Bei High-risk-Tumoren reicht die Radiatio allein nicht aus


Auch die Daten zu den High-risk-Histologien (serös-papilläre oder klarzellige Tumortypen) zeigen, dass eine Platin-basierte Chemotherapie das progressionsfreie Überleben und das Gesamtüberleben verbessert im Vergleich zu Nichtstun.

Beim Endometriumkarzinom FIGO III ist die lokale Radiatio sicher nicht ausreichend, betont der Experte. Denn die Rate an Rezidiven außerhalb des kleinen Beckens bzw. das Risiko für Fernmetastasen ist mit 88 % noch höher, erklärt der Gynäkologe. Und weniger als ein Drittel aller Rezidive sind Lokalrezidive.

Beim fortgeschrittenen Endometriumkarzinom belegte die GOG-122-Studie, dass die Kombination aus Platin und Doxorubicin der Perkutanbestrahlung überlegen ist mit 55 versus 41 % im 5-Jahres-Gesamtüberleben. Andere Publikationen konnten diese Überlegenheit jedoch nicht dokumentieren. Trotzdem scheint sich bei den High-risk-Tumoren ein signifikanter Vorteil der Chemotherapie gegenüber der alleinigen Bestrahlung abzuzeichnen.

Die Studienkollektive sind beim Endometrium-Ca zu heterogen


Ein Problem aller Studien zu adjuvanten Strategien beim Endome-triumkarzinom ist die Heterogenität der Kollektive: die Art der operativen Therapie, ob lymphonodektomiert wurde und wenn ja, pelvin oder paraaortal. Die adjuvante Chemotherapie wurde häufig mit unterschiedlichen Substanzen und Dosierungen durchgeführt. Und auch die Bestrahlung ist zum Teil sehr heterogen.

„Haben wir im Zeitalter der Antikörper und small molecules eine Alternative zur Chemotherapie – ein Teil der Endometriumkarzinome ist Her2neu positiv“, so Prof. Mallmann. Bislang gibt es Ansätze im palliativen Kontext, in der adjuvanten Therapie aber nicht.


29. Deutscher Krebskongress 2010, Berlin

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