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Bewahren Sie Senioren vor Stürzen
In vielen Praxen gehören Screening-Untersuchungen für geriatrische Probleme, z.B. Demenz, zum festen Programm. Doch nur selten wird das Sturzrisiko systematisch erfasst. Dabei könnten zahlreiche Stürze und damit zusammenhängende Verletzungen durchaus verhindert werden, so Privatdozent Dr. Thomas Münzer von der Geriatrischen Klinik St. Gallen und Mitarbeiter.
Einen ersten Hinweis auf ein erhöhtes Sturzrisiko liefert z.B. eine einfache Checkliste mit zehn Fragen (s. Kasten). Die Liste umfasst die wichtigsten Risikofaktoren für Stürze – jede mit Ja beantwortete Frage ergibt einen Punkt. Ab einer Punktzahl von vier besteht erhebliche Sturzgefahr.
Zentral wirksame Medikamente führen zu Stürzen
Außerdem: Überprüfen Sie bei Ihren älteren Patienten in regelmäßigen Abständen die medikamentöse Dauertherapie! Als Faustregel gilt, dass alle Medikamente mit Wirkung auf das zentrale Nervensystem das Sturzrisiko erhöhen, erinnern die Autoren. Sind die verordneten Medikamente tatsächlich notwendig?
Gerade bei alten Menschen gilt es, das Risiko eines Sturzes mit allen potenziellen Konsequenzen gegenüber anderen Gefahren – etwa dem Auftreten eines kardialen Ereignisses – abzuwägen. Auch die Blutdruckeinstellung sollte überprüft werden. Da im Alter die posturale Kreislaufregulation nicht mehr so gut funktioniert, können unter antihypertensiver Medikation eher orthostatische Schwindelgefühle aufreten.
erhöhtes Sturz-Risiko? |
Die folgenden zehn Fragen eignen sich zum Sturzscreening:
Werden vier oder mehr Fragen mit Ja beantwortet, ist die Sturzgefahr deutlich erhöht. |
Orthostase-Regulation lässt nach - Blutdruck im Stehen messen!
Die Kollegen empfehlen, den Blutdruck bei älteren Menschen auch im Stehen zu messen – ein normaler Blutdruck im Sitzen schließt eine orthostatische Hypotonie nicht aus. Und sie plädieren dafür, im Einzelfall das Wohlbefinden des Patienten vorrangig zu gewichten – ggf. zu Ungunsten prognostischer Überlegungen.
Doch auch kognitive Einschränkungen können mit erheblichen Gangstörungen assoziiert sein. Bei manchen Patienten fallen diese bereits vor der Manifestation der klassischen Demenzsymptome auf – insbesondere, wenn gleichzeitig zwei Aufgaben zu erfüllen sind, z.B. gehen und dabei rückwärts zählen. Dies erfordert eine konsequente Abklärung.
Und wie stehts um Sturzangst? Selten berichten Betroffene spontan darüber. Derartige Ängste können aber mit einem validierten Fragebogen erfasst werden. Nicht medikamentöse Maßnahmen sollte man im Bedarfsfall bevorzugen, weil Anxiolytika wiederum die Sturzgefahr erhöhen.
Osteoporose-Therapie vermindert Sturzfolgen
Zwischen dem Vorliegen einer manifesten Osteoporose und dem Auftreten von Stürzen besteht nachweislich eine Korrelation. Das Frakturrisiko ist signifikant erhöht, wenn Osteoporose-Patienten stürzen. Deshalb: Denken Sie rechtzeitig an eine Osteoporoseabklärung und evtl. –therapie.
Störungen von Gleichgewicht, Gang und Kraft sind oft frühe Hinweise auf die altersassoziierte Abnahme der Muskelmasse. Nachlassende Kraft in den Beinen gilt als Prädiktor für den Verlust der „funktionellen Unabhängigkeit“. Verschlechtert sich das Gleichgewicht, steigt das Sturzrisiko um das Dreifache – wenn die Kraft abnimmt, sogar auf das Vierfache! Achten Sie bei Ihren älteren Patienten auf Veränderungen in diesen Bereichen. Gegebenenfalls sind Trainings- und Bewegungsinterventionen erforderlich. Angemessene Ernährung und Vitamin-D-Versorgung gehören ebenso zur Sturzprävention.
Gleitsichtbrillen erhöhen Sturzrisiko
Auch die Abnahme der Sehkraft muss als potenzieller Risikofaktor beachtet werden. Daher sind regelmäßige augenärztliche Kontrollen erforderlich. Studiendaten belegen, dass der Einsatz von bi- oder varifokalen Brillengläsern bei älteren Menschen zu einer deutlichen Zunahme von Stürzen führt. Die Autoren sprechen sich daher für eine Versorgung mit zwei Brillen aus. Außerdem: Im häuslichen Umfeld von Senioren sollte es keine Stolperfallen geben – und eine gute Beleuchtung garantiert sein.
Thomas Münzer et al., Schweiz Med Forum 2014; 14: 857-861
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