Blutdrucksenker für Senioren – wann die Dosis reduzieren?

Dr. Daniela Erhard

Einmal die Seniorenportion Blutdrucksenker bitte! Einmal die Seniorenportion Blutdrucksenker bitte! © iStock/burakpekakcan

Kann man bei alten Patienten die Menge der eingenommenen Medikamente verringern indem man auf einzelne Präparate für gleiche Indikationen verzichtet? Theoretisch schon, wenn es sicher ist, aber ganz einfach ist das in Wirklichkeit nicht, warnen Wissenschaftler.

Füllt sich im Alter die Pillendose, steigt die Gefahr für Neben- und Wechselwirkungen. Allein für die Blutdrucksenkung werden oft mehrere Wirkstoffe kombiniert. In der OPTIMISE-Studie haben Forscher unterstützt von 69 Hausarztpraxen und Primärversorgungszentren in Großbritannien daher untersucht, ob man Antihypertensiva bei über 80-Jährigen zumindest teilweise reduzieren kann, ohne dass dadurch Nachteile entstehen. Ihre Antwort: vielleicht bei einigen.

Reduktion der gewohnten Behandlung „nicht unterlegen“

Verglichen sie den Blutdruck von Senioren, die über zwölf Wochen ein Präparat weniger als bisher erhielten, mit dem von Probanden, die ihre Medikation wie sonst einnahmen, blieben in beiden Studienarmen fast neun von zehn Personen unter dem britischen Grenzwert von 150 mmHg systolisch. Die Reduktion erreichte über 90 % der Erfolgsquote, die die gewohnte Behandlung bot, und war nach Definition der Autoren um Dr. James P. Sheppard von der Universität Oxford nicht unterlegen.

Allerdings stieg der RR an: Von sys­tolisch etwa 129 auf fast 134 mmHg und diastolisch von ca. 68 auf 71 mmHg, während er mit üblicher Medikation konstant bei etwa 131 und 70 mmHg lag. Zudem kehrte in der Interventionsgruppe rund ein Drittel der Patienten zur ursprünglichen Medikation zurück oder reduzierte diese erst gar nicht – vermutlich oft aus Sicherheitsgründen. Auf ein Präparat zu verzichten, erhöhte die Gefahr für mindestens ein unerwünschtes oder schweres unerwünschtes Ereignis um 30 bzw. 70 %.

Auch wenn die Ergebnisse zeigten, dass man bei einigen Patienten die Medikamente reduzieren kann, geben die Autoren zu bedenken, dass man die langfristigen Effekte u.a. der Blutdruckerhöhung noch prüfen müsse.

Kritik am Grenzwert von 150 mmHg

Eine Ansicht, die auch die Professoren Dr. Eric D. Peterson vom Duke University Medical Center in Durham und Dr. Michael W. Rich von der Washington University School of Medicine in St. Louis teilen. Neben anderen Schwächen kritisieren sie vor allem den Endpunkt von 150 mmHg. Bei einem Maximum von 130 mmHg, wie bereits in Amerika (ungeachtet des Alters) empfohlen, wäre die Intervention nämlich unterlegen gewesen. Bis man mehr über die Auswirkungen des „Deprescribing“ wisse, solle man das tun, was ohnehin Basis dafür wäre: regelmäßig prüfen, ob der tatsächliche Nutzen eines Medikaments die potenziellen Risiken (noch) überwiegt.

Quellen:
1. Sheppard JP et al. JAMA 2020; 323: 2039-2051; DOI: 10.1001/jama.2020.4871
2. Peterson ED, Rich MW. A. a. O: 2024-2026; DOI: 10.1001/jama.2020.4841

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Einmal die Seniorenportion Blutdrucksenker bitte! Einmal die Seniorenportion Blutdrucksenker bitte! © iStock/burakpekakcan