Bluthochdruck erhöht Risiko für Demenz

Dr. Andrea Wülker, Foto: fotolia, kolotype

Hypertonie im mittleren Lebensalter gilt als gesicherter Risikofaktor für vaskuläre Demenzen und Alzheimer. Welche Antihypertensiva bremsen den geistigen Verfall am besten?

Allen Demenzformen gemeinsam ist das Leitsymptom „kognitive Störung“, ansonsten umfasst der Begriff „Demenz“ eine heterogene Gruppe von Erkrankungen, denen unterschiedliche Mechanismen zugrunde liegen. Um eine vaskuläre Form diagnostizieren zu können, muss man vaskuläre Hirnveränderungen im CT oder MRT nachweisen, schreiben Privatdozent Dr. Stephan Lüders und Professor Dr. Joachim Schrader von der Abteilung für Innere Medizin/Geriatrie am St. Josefs-Hospital Cloppenburg.

Vaskuläre Demenz und M. Alzheimer oft nicht abgrenzbar

Höhere kortikale Funktionen, wie Lesen, Schreiben oder Rechnen, bleiben bei Patienten mit vaskulärer Demenz länger erhalten als bei Patienten mit M. Alzheimer. Doch lassen sich die beiden Varianten nicht immer klar abgrenzen: Bei mindestens 30 % der Patienten finden sich „Mischdemenzen“ mit vaskulären und degenerativen Schäden. Auf jeden Fall ist es entscheidend, eine sorgfältige und qualifizierte Diagnostik durchzuführen.

Da es nach wie vor keine effektive Therapie gibt, kommt der Primärprävention größte Bedeutung zu. Eine arterielle Hypertonie in mittleren Jahren hängt mit dem Auftreten kognitiver Erkrankungen jeglicher Art zusammen, dafür gibt es heute sehr gute Evidenz, betonen die Autoren. Denn Bluthochdruck ist der wichtigste Risikofaktor für zerebrale Ischämien und Schlaganfallpatienten haben wiederum ein stark erhöhtes Risiko für Demenz­er­krankungen.

Ist das wirklich 
eine Demenz?

Die Diagnose „Demenz“ hat für den Patienten und seine Familie in der Regel gravierende Folgen und löst Angst und Schrecken aus. Daher darf sie erst nach einer wirklich qualifizierten Suche gestellt werden.

Dazu gehören:
  • Quantifizierung der kognitiven Einbußen durch entsprechende Test,
  • sorgfältige Eigen- und ggf. Fremdanamnese (kardio- und zerebrovaskuläre Erkrankungen, metabolische Risikofaktoren, Medikamente, früheres kognitives Leistungsniveau),
  • kardiovaskulärer und neurologischer Status,
  • EKG (Ausschluss Vorhofflimmern),
  • Labor-Basisdiagnostik,
  • 24-h-Blutdruckmessung und Selbstmessung,
  • evtl. Liquordiagnostik,
  • evtl. CT oder MRT des Schädels zur Differenzialdiagnostik bei bestehendem Demenzsyndrom.

Leider werden Patienten gelegentlich vorschnell als „dement“ eingestuft, etwa weil eine Exsikkose, ein Delir oder ein Infekt, Stoffwechselentgleisungen oder bestimmte Medikamente eine Pseudodemenz ausgelöst haben.

Arterielle Hypertonie wichtigster Risikofaktor für Demenz

Die Häufigkeit wird mit 7 % im ersten Jahr und mit bis zu 48 % nach 25 Jahren angegeben. Doch nicht nur manifeste Ischämien bergen Gefahren, auch die etwa fünfmal so häufigen stummen Ischämien fördern den kognitiven Abbau und verdoppeln das Demenzrisiko über einen Zeitraum von 3,5 Jahren.

Um kognitive Funktionsstörungen und stumme oder manifeste Hirninfarkte möglichst zu vermeiden, kommt einer Senkung hypertensiver Blutdruckwerte auf Normalniveau größte Bedeutung zu. Viele Studien zur Blutdrucksenkung untersuchten auch die Einflüsse auf die kognitive Funktion bzw. das Demenzrisiko. Dabei konnte u.a. Folgendes gezeigt werden:

  • In der Rotterdam-Studie mit über 6000 Patienten war die Einnahme von Blutdrucksenkern mit einer 8 %igen Risikoreduktion für Demenz pro Behandlungsjahr für Personen ≤ 75 Jahre assoziiert.
  • In der HAAS*-Studie mit zwölfjähriger Nachbeobachtungszeit sank das Demenzrisiko von Patienten mit gut eingestelltem Bluthochdruck im Vergleich zu schlecht eingestellten Hypertonikern um 60 %.


Bleibt die Frage, ob es bestimmte Antihypertensiva gibt, die geistigen Abbau besonders effektiv verhindern. Darauf gibt es derzeit noch keine definitive Antwort. Tierexperimentelle Untersuchungen ergaben, dass eine anhaltende Aktivierung des Renin-Angiotensin-Systems die Kognition beeinträchtigt. Dies konnte durch Gabe eines AT1-Rezeptorblockers (ARB) unterbunden werden, während Hydralazin trotz gleicher Blutdrucksenkung dazu nicht in der Lage war.

AT1-Rezeptorblocker schützen am besten

Eine bevölkerungsbasierte Kohortenstudie aus Taiwan zeigte, dass nur 5,4 % der Patienten, die einen ARB erhielten, eine Demenz entwickelten gegenüber 8,9 % der Patienten aus der Vergleichsgruppe ohne ARB. Patienten mit höheren kumulativen ARB-Dosen hatten ein geringeres Risiko als Patienten mit niedrigen Dosen.

Andererseits ging in der HAAS-Studie die Einnahme von Betablockern als einzige antihypertensive Therapie zu Studienbeginn mit einem geringeren Risiko für kognitive Einschränkungen einher.

*Honolulu-Asia aging Study

Quelle: Stephan Lüders et al., Dtsch Med Wochenschr 2015; 140: 1599-1603

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