Camrelizumab/Rivoceranib ist wirksamer und toxischer als Sorafenib in der HCC-Erstlinie

Dr. Miriam Sonnet

Die Kombination aus CPI und TKI in der HCC-Erstlinie scheint zwar das Überleben zu verbessern, die Behandlung bringt jedoch eine hohe Nebenwirkungsrate mit sich. Die Kombination aus CPI und TKI in der HCC-Erstlinie scheint zwar das Überleben zu verbessern, die Behandlung bringt jedoch eine hohe Nebenwirkungsrate mit sich. © Crystal light – stock.adobe.com

Erstmals gelang es Forschenden, mit der Kombination aus CPI und TKI in der Erstlinie des hepatozellulären Karzinoms das Überleben gegenüber einer alleinigen antiangiogenen Therapie zu verbessern. Allerdings wurde die Behandlung mit hohen Toxizitäten erkauft und die verwendete Kontrollsubstanz entsprach nicht mehr dem Standard.

Checkpoint-Inhibitoren plus Tyrosinkinase-Inhibitoren verlängern gegenüber einer alleinigen antiangiogenen Therapie das Überleben von Erkrankten mit verschiedenen soliden Tumoren – das galt bisher aber nicht für das hepatozelluläre Karzinom (HCC). Kolleg:innen um Prof. Dr. ­Shukui ­Qin vom Cancer Centre of Jinling Hospital, Nanjing, prüften in der globalen Phase-3-Studie ­CARES-310 die Kombination aus dem PD1-­Antikörper Camrelizumab und dem VEGFR2-Hemmer Rivoceranib.1 In China sind beide Substanzen bereits als Monotherapie in der Zweitlinie für Patient:innen mit fortgeschrittenem HCC zugelassen.

543 Erkrankte mit zuvor unbehandeltem, nicht-resezierbarem oder metastasiertem HCC wurden 1:1 randomisiert. Eine Hälfte erhielt 200 mg Camrelizumab intravenös alle zwei Wochen plus einmal täglich 250 mg Rivoceranib oral, die andere Gruppe zweimal täglich 400 mg Sorafenib oral.

Nach einem medianen Follow-up von 7,8 Monaten erreichte die Studie einen primären Endpunkt: Das mediane PFS verbesserte sich signifikant auf 5,6 Monate unter der Kombination vs. 3,7 Monate unter Sorafenib (HR 0,52; 95%-KI 0,41–0,65; p < 0,0001). Das PFS nach einem Jahr betrug 29,8 % verglichen mit 12,4 %. Alle zuvor definierten und Post-hoc-Subgruppen profitierten diesbezüglich von der Zweifachtherapie

Die Interimsanalyse für das OS wurde nach median 14,5 Monaten durchgeführt. Mit median 22,1 Monaten vs. 15,2 Monate lebten die Patient:innen im Prüfarm länger als in der Kontrolle (HR 0,62; 95%-KI 0,49–0,80; p < 0,0001). Die Verantwortlichen beobachteten den Überlebensvorteil in den meisten zuvor definierten Subgruppen. 

Fazit der Studienautor:innen

Dies sei die erste Phase-3-Studie, in der ein signifikanter PFS- und OS-Vorteil für die Kombination aus einem Anti-PD­(-L)1-
Antikörper und einem oralen Small-Molecule-TKI gegenüber einem Standard-TKI in der Erstlinie des nicht-resektablen HCC erzielt wurde. Das mediane OS von 22,1 Monaten sei bisher das längste unter einer systemischen Therapie in dieser Indikation. Camrelizumab/ Rivoceranib stelle damit möglicherweise eine neue und effektive Erstlinienoption für Erkrankte mit nicht-resezierbarem HCC dar.

CPI-TKI-Kombination unter der Lupe

In Bezug auf therapiebedingte Nebenwirkungen vom Grad 3 oder 4 kam es unter Camrelizumab/ Rivoceranib vs. Sorafenib am häufigsten zu Bluthochdruck (38 % vs. 15 %), Hand-Fuß-Syndrom (12 % vs. 15 %) sowie erhöhter Aspartat- (17 % vs. 5 %) und Alanin-Aminotransferase (13 % vs. 3 %). 24 % statt 6 % der Teilnehmenden erlitten schwere behandlungsbedingte Komplikationen. 

Wie Kolleg:innen um Dr. ­­David J. Pinato, Imperial College London, in ihrem Editorial schreiben, waren 83 % der Studienpatient:innen asiatischer Herkunft.2 Das bedinge eine mehr als 85%ige Prävalenz einer virusbezogenen chronischen Lebererkrankung (hauptsächlich nach einer Hepatitis-B-Infektion) unter den Teilnehmenden. In endemischen Gebieten wie Asien seien Hepatitis-B-Träger:innen zum Zeitpunkt der HCC-Diagnose oftmals jünger, weshalb sie weniger Komorbiditäten und seltener eine Zirrhose aufwiesen als Personen, die aufgrund anderer Ursachen eine chronische Lebererkrankung entwickeln. Und: Bei Hepatitis-B-Träger:innen, die mit hocheffektiven antiviralen Therapien behandelt werden, bleibe die Leberfunktion häufig erhalten. Das könne zumindest teilweise das verbesserte Ergebnis in dieser Subgruppe erklären, das in mehreren Immuntherapiestudien beobachtet wurde, so die Forschenden. 

Man müsse auch bedenken, dass eine nicht-alkoholische Fettleber sich zurzeit zum Hauptrisikofaktor für das HCC entwickele und dass in der Studie das Spektrum der Erkrankung ungleich abgedeckt worden sei. Zudem hatte Sorafenib, ein veralteter Standard, als Vergleichssubstanz gedient, und nicht etwa Atezolizumab/Bevacizumab oder Durvalumab/Tremelimumab. Dementsprechend müsse man den Überlebensbenefit, auch angesichts der therapiebedingten Toxizität, vorsichtig bewerten. Immerhin hätten 47 % der Patient:innen eine Dosisreduktion benötigt und 24 % mussten die Behandlung mit mindestens einer Substanz komplett abbrechen. Darüber hinaus kam es unter Camrelizumab/Rivoceranib median schneller zu einer Verschlechterung des globalen Gesundheitsstatus als unter Sorafenib (11,2 Monate vs. nicht erreicht). Die synergistischen Effekte einer CPI-TKI-Kombination werden möglicherweise durch eine therapiebedingte Beeinträchtigung der Lebensqualität erkauft, meinen die Kommentator:innen. Es blieben noch viele Fragen zu klären: Unter anderem, welche Toxizität für einen Überlebensvorteil als akzeptabel gilt und ob man möglicherweise bei bestimmten Personen die Therapie eskalieren oder deeskalieren könne.

Quellen:
1.    Qin S et al. Lancet 2023; DOI: 10.1016/S0140-6736(23)00961-3
2.    Pinato DJ et al. Lancet 2023; DOI: 10.1016/S0140-6736(23)01297-7

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