Chronisch müde Patienten sind nur schwer von ihrem Schlafdefizit zu überzeugen
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nicht einzuschlafen."
Ständig müde und das seit einem Jahr – darüber beklagte sich ein 32-jähriger Mann beim Neurologen in einem Krankenhaus. Obwohl er nach eigenen Aussagen einen tiefen Schlaf hat, fühlte er sich am nächsten Tag nicht fit. Insbesondere monotone Situationen lösten eine starke Müdigkeit aus. Allein seine Willensstärke hielt ihn davon ab, tagsüber einzuschlafen. Die nächtlichen sechs Stunden Schlaf empfand der Patient als völlig ausreichend – mehr bräuchte er nicht. Ab und an mal länger zu schlafen, brachte ihm auch keine Erholung.
Sowohl die Organdiagnostik als auch die serologischen Untersuchungen waren unauffällig, schreibt Dr. Reinhard Stark, Neurologe am Bundeswehrkrankenhaus Hamburg. Die Vigilanztestung mittels der Testbatterien SLEEP® und Vigil® im Schlaflabor sowie die Messung der Pupillenunruhe und -weite (Pupillographie) bestätigten die Monotonieintoleranz. Im Multiplen-Wachbleibetest zeigte sich außerdem eine verkürzte Einschlaflatenz von durchschnittlich 4,5 Minuten. Zeiten unter 13 Minuten gelten als pathologisch. Verfrüht einsetzende REM-Phasen (SOREM, Sleep-Onset-Rapid-Eye-Movement), wie sie typischerweise bei einer Narkolepsie vorkommen, sowie eine atypische Depression lagen nicht vor.
Was im Schlaflabor gemacht wird
- Interdisziplinäre Polysomnographie: Messung unterschiedlicher Schlafstadien, Herzaktivität, Augenbewegungen und Kaumuskulatur beim Schlafen
- Multipler-Schlaf-Latenz-Test: Der Patient schläft alle zwei Stunden fünfmal am Tag für 20 Minuten. Währenddessen werden mittels Elektroenzephalographie Einschlaflatenz, Schlaftiefe und mögliche verfrüht einsetzende REM-Phasen gemessen.
- Pupillographie: Analyse von Pupillenunruhe-Index (PUI) und schwankender Pupillenweite
- Testpsychometrie: Erfassung von Monotonieintoleranz und Leistungseinbußen mittels Testbatterien wie SLEEP® und Vigil®
Mit 7,5 Stunden pro Nacht lief es tagsüber besser
Wahrscheinlich löste einfach ein chronisches Schlafdefizit die Tagesmüdigkeit des Patienten aus. Dies bekräftigte die Ausschlussdiagnostik. Deshalb sollte der Mann seine nächtliche Schlafzeit auf mindestens acht Stunden erhöhen und einen Schlafkalender zur Kontrolle führen. Notizen machte sich der 23-Jährige zwar, jedoch ignorierte er die Schlafvorgaben. Nach eigener Aussage würde er die Zeit zum Lernen benötigen und am Erfolg der Maßnahme zweifeln. Mittels regelmäßigen Motivationstrainings und intensiver Überzeugungsarbeit durch den Arzt steigerte der Patient seine Schlafenszeit auf durchschnittlich 7,5 Stunden pro Nacht. Und siehe da: Sowohl die Tagesmüdigkeit als auch die Schlafqualität verbesserten sich deutlich. Dadurch gewann der Mann an Lebensqualität und verinnerlichte, dass sein Körper doch mehr Schlaf benötigte, als er ihm bisher gegönnt hatte. Das verhaltensinduzierte Schlafmangelsyndrom gilt als häufigster Grund für Hypersomnien, schreibt der Autor. Fast jeder Mensch sei mindestens einmal in seinem Leben davon betroffen. Meist ist die Schlafzeit durch äußere Umstände begrenzt, obwohl der Betroffene von sich aus durchaus länger schlafen könnte. Die Ursachen können von Babygeschrei, über Lern- oder Arbeitsstress bis hin zur Schichtarbeit reichen.Gedächtnisstörungen oder Halluzinationen als Folge
Deshalb leiden häufig Studenten, Selbstständige oder ärztliche Kollegen unter Schlafmangel und Tagesmüdigkeit. Auch positiver Stress kann dahinter stecken, jedoch empfinden die Betroffenen ihre Beschwerden dann meist als weniger stark ausgeprägt. So suchen z.B. Personen, die ein Haus bauen, oder Eltern meist nicht wegen der Doppelbelastung von Arbeit und privatem Stress einen Arzt auf. Chronischer Schlafmangel kann Gedächtnisstörungen, Depressionen oder sogar Halluzinationen auslösen. Auch körperliche Erkrankungen wie Hypertonie, Diabetes mellitus und epileptische Anfälle können vermehrt auftreten. Die Tagesmüdigkeit erhöht zudem das Unfallrisiko im Straßenverkehr und die Fehlerquote am Arbeitsplatz. Obwohl die Lebensqualität der Betroffenen stark sinkt, wollen einige Patienten ihr Verhalten nicht anpassen. Doch nur ein regelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus und genügend Schlaf- sowie Erholungszeiten beheben die Beschwerden.Quelle: Stark R. Wehrmedizinische Monatsschrift 2017, 6:118-126
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