Chronische Durchfälle: Bakterien, Kolitis oder Reizdarm?

Maria Weiß, Foto: BilderBox

Was tun bei einer chronischen Diarrhö? Mit vier Kategorien kommen Sie der Durchfallursache auf die Spur.

Wann ist von einer chronischen Diarrhö auszugehen? Definitionsgemäß bei drei und mehr aufgelockerten oder flüssigen Stuhlgängen pro Tag über einen Zeitraum von mehr als drei bis vier Wochen. Dies schreibt Dr. Ulrich Damian von der Medizinischen Klinik im Diakoniekrankenhaus Mannheim in der Zeitschrift „Klinikarzt“.


Unzählige Differentialdiagnosen kommen als Ursachen von anhaltenden Diarrhöen infrage. Doch deren systematischer Ausschluss ist nicht unbedingt praktikabel. Deswegen schlägt der Experte vor, neben Flüssigkeitsbilanzierung und Routinelabordiagnostik eine orientierende Untersuchung mit Einordnung in Symptomkategorien vorzunehmen. Dafür reicht in der Regel die ausführliche Anamnese mit Angabe von Konsistenz, Frequenz, Häufigkeit und Zeitpunkt der Durchfälle.

Klebriger Stuhl, krankes Pankreas

Nächtliche Diarrhöen, Schmerzen und Blut-Schleim-Abgänge weisen auf chronisch-entzündliche Darmerkrankungen hin. Ein Wechsel zwischen Diarrhöe und Obstipation mit Blut-Schleimabgängen und „Schafkotstuhl“ wecken den Verdacht auf eine Divertikulitis oder ein Karzinom. Steatorrhöe mit „klebrigem“ Stuhl und Gewichtsabnahme sprechen für eine Pankreasinsuffizienz, Flush-Symptomatik für ein Karzinoid und Flatulenz und Meteorismus für eine Laktoseintoleranz oder zu hohe Sorbitzufuhr.


Nach Antibiotikatherapie muss eine bakterielle Fehlbesiedlung oder Infektion mit Clostridium difficile in Erwägung gezogen werden – nach Auslandsreisen ein Befall mit Amöben oder Protozoen. Bei Diabetikern sollte man auch an eine autonome Neuropathie als Ursache denken.

Pathogenetisch unterscheiden Experten grob drei verschiedene Formen chronischer Durchfälle:

1. Osmotische Diarrhö:

Hierbei häufen sich osmotisch aktive Substanzen im Darmlumen, was zu einem vermehrten Übertritt von Wasser führt. Klassische Beispiele sind Laktoseintoleranz und Pankreasinsuffizienz. Die Symptome sistieren beim Fasten, was einen wichtigen Unterschied zur sekretorischen Diarrhö (siehe unten) darstellt. Diagnostisch kommen Atemtests zum Nachweis einer Laktose- oder Fruktoseunverträglichkeit oder auch ein Pankreasfunktionstest infrage. Ein Laxanzienabusus als mögliche Ursache lässt sich durch die Magnesiumbestimmung im Stuhl nachweisen.

2. Sekretorische Diarrhö:

Diese Form wird meist durch Infektionen ausgelöst, bei denen es über eine Toxinwirkung zu einer vermehrten Sekretion von Elektrolyten und Flüssigkeit in das Darmlumen kommt. Typisches Beispiel ist die Cholera. Bei Patienten mit sekretorischer Diarrrhö steht der Ausschluss einer Infektion an erster Stelle.


Führt dies nicht zum Ziel, sollten Sonographie, endoskopische Abklärung und Untersuchungen des Dünndarms (Radiologie oder Kapselendoskopie) erfolgen. Führt auch diese Diagnostik nicht weiter, muss man auch an neuroendokrine Tumoren denken und Plasmapeptide wie Gastrin, Calcitonin, Somatostatin oder VIP bestimmen. Als weitere Tests kommen die Histaminbestimmung im Urin, TSH/ACTH-Test und Eiweiß-Elektrophorese in Frage.

3. Inflammatorische Diarrhö:

Hierbei führt ein mukosaler Schaden zu einer Steigerung der Permeabilität mit zunehmender Malabsorption und dadurch bedingter osmotischer Wirkung von Nahrungsbestandteilen. Typisches Beispiel sind Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Hat man eine Infektion ausgeschlossen, erfolgt eine Sonographie und ggf. eine weitere endoskopische und radiologische Abklärung. Um auch eine mikroskopische Kolitis auszuschließen, sollten Stufenbiopsien aus gesund erscheinender Schleimhaut entnommen werden.

Jeder zehnte Patient hat Reizdarm

Trotz aller Bemühungen findet man bei etwa 10 % der Patienten keine spezifische Ursache, so dass von einem Diarrhö-assoziiertem Reizdarmsyndrom auszugehen ist. In diesen Fällen kann ein empirischer Therapieversuch z.B. mit Loperamid, Cholestyramin oder  Probiotika erfolgen.


Ulrich Damian et al., klinikarzt 2012; 41: 75-79

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